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229Beleuchtung
: Urbane Emanzipation von der Natur |
war die Höhe der Zahlungen umstritten : Im Linzer Gemeinderat konstatierte man
im Mai 1796 – in einer Teuerungsphase –, dass die Bevölkerung die »Beleuchtungs-
steuer« als »drückend« empfinde, dennoch gab sich der Bürgermeister von der Sinn-
haftigkeit der Beleuchtung und der Angemessenheit der Zahlungen überzeugt.204 Aber
auch die neue Beleuchtung (mit vermutlich 200 Leinöllaternen205) scheint in der Praxis
nicht reibungslos funktioniert zu haben : 1795 konstatierte ein Bericht der Landstände,
dass die Laternen verschmutzt seien und meist nach Mitternacht ausgehen würden.
In der Früh zünde man sie »zum Schein« wieder an, insgesamt sei der Pächter »sehr
nachlässig«.206 Speziell die Regelung, dass die Beleuchtung während einer mondhel-
len Nacht unterbleiben könne, lud zu Konflikten ein.207 Nachdem der erste Pacht-
vertrag 1798 ausgelaufen war, vergab man die Durchführung der Beleuchtung einem
Konsortium aus dem Umfeld des Stadtrates, wobei man die bestehenden Vertragsbe-
stimmungen übernahm und erneut eine achtjährige Laufzeit festsetzte, diesem Pächter
folgten weitere, wobei die Klagen über eine mangelhafte Beleuchtung fortdauerten.208
Probleme der Beleuchtung resultierten aus ihrer chronischen Unterfinanzierung : Die
Pachtbeträge (d. h. Entschädigungen für den Pächter) waren knapp bemessen – wenn
die Preise für Leinöl anstiegen oder mehr Öl verbraucht wurde, dann blieb dem Pächter
nur eine temporäre Reduktion der Beleuchtung, die zu Protesten führte. Dass daraus
finanzielle Probleme für den Pächter entstehen konnten, zeigt das Beispiel des ersten
Pächters der Straßenbeleuchtung. Dieser war weiterhin für die Beleuchtung der ständi-
schen Gebäude zuständig, er flüchtete aber, nachdem erhebliche Schulden entstanden
waren, im Frühjahr 1800 »über die Dächer der benachbarten Häuser«.209 Danach – da
»man mit der Verpachtung der Beleuchtung nicht zufrieden sein kann« – entschlossen
sich die Stände dazu, die Beleuchtung wieder selbst zu übernehmen.210 1810 waren dies
70 Lampen, die immerhin jährliche Ausgaben von 1.353 fl 27 kr verursachten.211
Dass in der Folge die Anzahl der Laternen und damit auch die Beleuchtungskosten
stetig anstiegen (vgl. Tab. 29), ist als Hinweis darauf zu sehen, dass die öffentliche
Beleuchtung in den ersten Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts als konstitutives Element
für eine »moderne« Stadt unstrittig geworden war. Immer stärker betont wurde zu
dieser Zeit die Verbesserung von Sicherheit durch die Beleuchtung : Benedikt Pillwein
zählte die Straßenbeleuchtung in seiner 1824 veröffentlichten Topographie zu den
204 AStL, HS 1083 (Stadtratsprotokoll 1796), pag. 67f.; vgl. Koslofsky, Empire, 152 – 154.
205 AStL, HS 1083 (Stadtratsprotokoll 1796), pag. 445.
206 LR BIIA41, Reg. 19954 (120).
207 AStL, HS 1084 (Stadtratsprotokoll 1797), fol. 47b.
208 OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 75, D.XIII/No. 60 ; AStL, HS 1087 (Stadtratsproto-
koll 1800), fol. 289b.
209 LR BIIA41, Reg. 19879 (61f.) ; ebd., Reg. 19882 (63f.).
210 Ebd., Reg. 19883 (64).
211 Ebd., Reg. 19890 (68f.).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364