Seite - 246 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Bild der Seite - 246 -
Text der Seite - 246 -
246 | Natur der Städter – Natur für Städter
Diese Ausflugsorte bestanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fort, wie
Reiseführer und Ego-Dokumente nahelegen.132 Der Freinberg rückte in den Fokus
des Verschönerungsvereins (vgl. unten), die »Spazier-Fahrten« in die Zizlau an Sonn-
und Feiertagen überstanden den Anschluss an die Westbahn (vgl. Abb. 28),133 auch
St. Magdalena und der Pöstlingberg blieben wichtige lokale Ausflugsziele, was ein
1864 erschienenes Leporello (»Panorama vom Pöstlingberg«) unterstreicht.134 Der
Pöstlingberg wurde in den 1890er Jahren, was im Kontext der Errichtung von stadtna-
hen Zahnradbahnen (z. B. der Gaisberg- oder Kahlenbergbahn) ab den 1870er Jahren
zu sehen ist, zudem durch eine elektrische Bergbahn erschlossen. Die Bahn, die von
einem Linzer Techniker initiiert wurde, sah man als wichtiges symbolisches und tou-
ristisches Projekt für Linz, das der Urfahrer und der Linzer Gemeinderat zwar unter-
stützten, aber nicht finanzierten.135
Gleichzeitig weitete sich das Hinterland der Städter in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts deutlich aus. In Kirchschlag, das laut Stifter in den 1840er Jahren
noch ein »vereinsamter Ort« war,136 verbrachten vermögende Linzer ab der Mitte des
19. Jahrhunderts zunehmend ihre Sommerfrische,137 zudem wurde es von zahlreichen
Tagesgästen besucht.138 Bis in die 1880er Jahre war »eine ganze Colonie netter Villen
[… von] Linzer Familien, die hier gerne ihren Sommeraufenthalt nehmen« entstan-
den.139 Nahe Kirchschlag – und (zu Fuß) von Linz rund zweieinhalb Stunden ent-
fernt
– wurde auch der 927
Meter hohe Lichtenberg zu einem neuen Ausflugsziel von
Linzer/innen.140 Erneut bildete neben der prekär bewirtschafteten Natur die Aussicht
auf das Donautal und das nördliche Alpenvorland den Hauptanziehungspunkt. Linzer
Geschäftsleute – unzweifelhaft häufige Besucher des Linzer Hinterlandes und auch
generell alpinistisch interessiert141 – riefen im Frühjahr 1856 zur Errichtung einer
Aussichtswarte am Lichtenberg auf, da aufgrund der Bewaldung »die volle Rundsicht
fehlt«. Dazu wurden über Zeitungen »Freunde der Natur, schöner Aussichten, und
unseres schönen Landes« zur finanziellen Unterstützung aufgefordert.142 Das Aufbrin-
gen der finanziellen Mittel dauerte nicht lange – bereits im Sommer 1856 konnte die
132 Linz und seine Umgebung, 16, 21 – 25 ; Linz a./d. Donau, 133 ; Schröckinger-Neudenberg, Reisege-
fährte, 24 ; Der Oberösterreicher 1883, 175 ; Commenda, Linz, 238 ; Stifter, PRA, Bd. 20, 275 ; ebd., Bd.
21, 115.
133 LAB, 16.8.1856.
134 LAB, 9.1.1864 ; vgl. Doku, Fossel, 18f.
135 Rausch, Urbański, 333 – 338 ; vgl. LVB, 13.1.1895.
136 Haslinger, Ehrenbuch, 120f.
137 Stifter, PRA, Bd. 21, 41 – 43.
138 Ebd., Bd. 22, 140.
139 Linz a./d. Donau, 161.
140 Ebd., 161f.; Linz und seine Umgebung, 26f.
141 Zumindest einer der damaligen Protagonisten (Johann Pollak) war an der Gründung des »Oesterrei-
chischen Alpenvereins« im Oktober 1862 beteiligt – vgl. Linz a./d. Donau, unpag.
142 LAB, 10.4.1856.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364