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Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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294 | Naturgefahr bei Gefahr umgehängt.21 Dazu kamen obrigkeitliche Anordnungen im Rahmen der »Polizey«, die  – analog zu anderen Bereichen öffentlicher Sicherheit und Ordnung  – ab dem Beginn des 19.  Jahrhunderts zunahmen, aber dennoch kaum Präventivmaß- nahmen vorsahen. Das kann einerseits durch die Regelmäßigkeit und Kurzfristig- keit der Hochwasserereignisse erklärt werden, was die Motivation, etwas zu ändern, begrenzte,22 andererseits ging es in der damaligen Logik noch klar um eine »private« und nicht eine öffentliche Zuständigkeit. Die im Jänner 1812 für Eisstöße und Hoch- wasser obrigkeitlich verfügten Maßnahmen, die vermutlich auf eine staatliche Initia- tive zurückgingen, zielten insgesamt nur auf die Erhaltung des Donauüberganges bzw. auf eine öffentliche Ankündigung der »Gefahr« ab : Es wurde die Sperre der Brücke in der Nacht angeordnet, zudem sollten Schiffleute Boote und das städtische Bauamt Stege und zusätzliche Beleuchtung bereithalten.23 In der Praxis blieb das Ergreifen von präventiven und reaktiven Gegenmaßnahmen somit weitgehend in privater Ver- antwortung. Falls ein Hochwasser entstehe, so der Linzer Magistrat 1821, sollten die Bewohner/innen ihre Besitztümer in obere Stockwerke bringen und »sich in ein an- deres Locale umsehen«. Falls dies nicht möglich sei, solle man sich beim Magistrat melden.24 Derartige städtische Angebote finden sich in der »Linzer Zeitung« bereits für die ausgehenden 1790er Jahre, wobei in Urfahr Besitztümer im dortigen Pfarrhof und Möbel im Garten (!) des Richters deponiert werden konnten.25 Derartige Adaptionsversuche und reaktive Ad-hoc-Strategien scheinen im Linzer Fall prinzipiell relativ gut funktioniert zu haben, außer bei Extremereignissen wie den großen Überschwemmungen des Sommers 1786, denen die »Linzer Zeitung« attes- tierte, dass man sich seit »Mannsgedenken […] keiner so großen Uiberschwemmung zu erinnern« vermochte.26 Gerade bei ungewöhnlich schnell ansteigendem Wasserpe- gel barg diese Praxis erhebliche Gefahren : Die Überschwemmung im Juni 1786 war eine rasche (»gähliche«),27 bei der Schiffknechte sogar  – vermutlich von der Donau- insel  – den sicherlich hochwassererfahrenen »Auhütter« samt seiner Familie retten mussten.28 Auch musste man, als das Wasser schon seit Tagen anstieg, mit Zillen Be- wohnern des Wörths zur Hilfe kommen.29 Diese waren also, trotz der sich zuspitzen- den Situation, in den Häusern geblieben. Die Rückkehr zur Normalität des Alltags er- folgte scheinbar schnell, da Überflutungen  – wie auch Brände und Epidemien  – »sharp 21 Awecker, Bruckamt, 199 ; Neweklowsky, Schiffmühlen, 55. 22 Im Hinblick auf die Bedrohung durch Überschwemmungen ist für die Stadt Montreal ein bewusstes Vergessen (»hazards amnesia«) konstatiert worden  – vgl. Boone, Ecology, 138. 23 AStL, Altakten, Sch. 190 ; vgl. zur Praxis : LR E7e-g, Reg. 1899 (461) ; ebd., Reg. 1908 (463). 24 AStL, Altakten, Sch. 190. 25 LZ, 28.1.1799 ; ebd., 1.2.1799. 26 LR E7a u. b, Reg. 970 (239f.). 27 Ebd., Reg. 970 (239f.) ; LZ, 7.7.1786. 28 LZ, 3.7.1786. 29 LR E7a u. b, Reg. 970 (239f.). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Titel
Transformationen städtischer Umwelt
Untertitel
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Autor
Georg Stöger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
368
Schlagwörter
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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