Seite - 297 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Bild der Seite - 297 -
Text der Seite - 297 -
297Hochwasser
zwischen Alltag und Extremereignis |
terirdisches Wasser hervortreten ließen, als »Mitursache« zu erachten.49 Der Bericht
eines landständischen Beamten zur Überschwemmung im Dezember 1819 stellt das
Ereignis nüchtern-kausal dar : »Durch das nach der Hälfte des Monats Dezember
1819. plötzlich eingetrettene, außerordentliche Thauwetter, und dadurch verursachte
schnelle Schmelzen des früher häufig gefallenen Schnees […] erreichte die Donau
eine Höhe von mehr als 15 Schuh über dem gewöhnlichen Wasserstand. Zwey Schuh
höher, als im Jahre (1)815«.50 Ein Wiener, der 1830 Linz besucht hatte, sah in einem
»Wolkenbruch«, der »an der Gränze von Tyrol« niedergegangen war, die Ursache, dass
die Donau bei Linz »ungeheuer geschwellt und weit aus den Ufern getrieben« war.51
Von obrigkeitlicher, vor allem staatlicher Seite begann man sich im beginnenden
19.
Jahrhundert stärker für Hochwasserereignisse zu interessieren. Bei der 1812 erfolg-
ten Zusammenstellung von präventiven und reaktiven Maßnahmen bezog man sich
auf die »seit 30 bis 40 Jahren gemachte Erfahrung und Beobachtung bey Eisgänge und
Hochwässer« der Flüsse Donau und Traun.52 Die regelmäßige Messung des Donau-
pegels begann in Linz 182153 – dies ist ebenso als staatliche Maßnahme im Kontext
des Wasserbaus und der Beobachtung von Extremereignissen zu sehen.54 Eine 1826
gedruckte »Instruktion« zeigt bereits ausdifferenziertere Praktiken, die auf hydrolo-
gische Extreme reagierten : Bei bevorstehenden Eisstößen sollten Signalschüsse ab-
gegeben, auch die Gefährdung durch Trommelschlag oder Ausrufen publik gemacht
werden, Menschen potentiell gefährdete Gebäude räumen und – wenn keine ander-
weitige Unterkunftsmöglichkeit bestehe – in Ersatzquartieren untergebracht werden.
Stege für Fußgänger/innen sollten in einzelnen Teilen der Stadt errichtet werden und
Schiffleute mit Wasserfahrzeugen für Rettung von Menschen und Besitz bereitstehen,
wobei der Magistrat im Bedarfsfall »diese Dienstleistung« zu bezahlen habe. Nach der
Überschwemmung sollte die Polizey-Direktion den Bauzustand der betroffenen Häu-
ser überprüfen und die Wohnungen seien »gut«, auch die Gassen, Straßen und Plätze
»sorgfältig« zu reinigen. Relativ neu war der Passus zum Umgang mit überschwemm-
ten Brunnen
– er stand im Kontext von Überlegungen zur Sauberkeit von Wasser (vgl.
Kap.
3. Wasser) : Es sollte aus diesen Brunnen so lange kein Wasser getrunken werden,
bis dieser »von Sachverständigen untersucht, und für unschädlich erkennt worden ist.
–
Die Brunnen selbst sind, wenn es nothwendig oder räthlich gefunden wird, zu räumen,
oder ihr Wasser ist durch andere […] Mittel, zu reinigen.« Auch die Seuchenprophy-
laxe war nun Bestandteil des Normenkatalogs : Nach Überschwemmungen sei der
49 Ebd., 50 – 52.
50 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 860, G.XVI/No. 11.
51 Deinhardstein, Skizzen, 189.
52 AStL, Altakten, Sch. 190.
53 Neweklowsky, Donau, 177.
54 Dies erfolgte auch anderorts im Verlauf der 1820er Jahre : zur Moldau bei Prag vgl. Brázdil/Kundzewicz/
Benito, Hydrology, 755 u. zu Lech und Isar Böhm/Wetzel, Flood, 788.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364