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312 | Naturgefahr
Nach dem Eintreffen aller am Brandort »halten die Feuerspritzen ihre Auferstehung«,
die – angeblich nach jedem Einsatz teilweise zerlegt – erst wieder »zusammenkom-
men müssen«.162 Dazu kämen Defekte und Bedienungsfehler der Spritzen
– bei einem
Brand hätten sogar »Räthe von der Landesstelle Wasser tragen« müssen.163 Als ähnlich
ineffizient wurde in der zweiten Satire der Ablauf und die Hilfsmittel der Brandbe-
kämpfung beurteilt : Bei einem abendlichen Feueralarm in der Vorstadt habe es Verzö-
gerungen gegeben, da die »besoffenen Thorsteher« das bereits geschlossene Landhaus-
tor nicht gleich öffneten.164 Es sei zwar die »gröste Feuerspritze« – gemeint war wohl
die landständische – mitgenommen worden, man habe aber unterwegs »zwey Räder«
verloren, auch sei die Spritze nicht mit Wasser gefüllt worden.165 Mit dem Verweis
auf einen (real nicht existierenden) »Befehl« zur Feuerordnung, dass »allezeit 3 Tage
vor einer entstehenden Feuersbrunst die Spritzen gut befeuchtet, und alle übrigen ge-
hörigen Instrumenten brauchbar hergestellt werden«, sprach man in ironischer Weise
implizit ein Grundproblem städtischer Brandereignisse an : Man wusste nicht, wann
und wo es brennen würde.166
Der Großbrand im August 1800 war das Resultat des Aufeinandertreffens von unzu-
reichenden Maßnahmen resp. Möglichkeiten der Brandbekämpfung und einer spezi-
fischen, brandfördernden Witterungskonstellation, er war also sozionatural bedingt.167
Wie das gesamte Frühjahr war der August 1800 überdurchschnittlich niederschlags-
arm, zudem deutlich wärmer.168 Diese Anomalie konstatierten auch die Zeitgenossen
nach dem Brand : Es hätten eine starke »Som(me)rhitze« und extreme Trockenheit
geherrscht.169 Bereits am 13. August war ein kleines Feuer im hölzernen Gartenhaus
beim Schloss ausgebrochen, das aber schnell gelöscht werden konnte. Noch am glei-
chen Tag verfasste der Schlosspfleger einen Bericht an die Landstände, in dem er die
Gefahr betonte, die im Brandfall bei Trockenheit und entsprechender Windrichtung
vom nahegelegenen hölzernen Wehrgang, der das Schloss mit dem ständischen Land-
haus verband, ausgehe. Zwei Tage später, am Abend des 15.
August, brannte es erneut
im (oder beim) Gartenhaus : Die Ursache dafür ist nicht klar, in einem Bericht an den
162 Ebd., 148.
163 Ebd., 148f.
164 Rabiosus, Reise, Bd. 3, 24.
165 Ebd., 25.
166 Ebd., 26.
167 Mauelshagen, Klimageschichte, 127 – 129 ; Zwierlein, Prometheus, 109f.; Körner, Stadtzerstörung, Bd.
1, 247 u. 279 – 281 ; vgl. zur Trockenheit und zum starken Föhnwind beim Brand der Stadt Salzburg
Ende April/Anfang Mai 1818 : Marx, Flammen, 47f. u. 55 – 57.
168 Casty et al., Temperature ; Der Sommer war »äußerst dürr und trocken, […] im August außerordent-
lich heiße Tage«, notierte der Pfarrer Franz Haslinger – HTb 1800, Jahreszeiten ; vgl. zu Tempera-
tur und Niederschlägen des Sommers 1800 im nördlichen Linzer Hinterland : Haslinger, Tagebücher,
57 – 59.
169 OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 98, D.XV.3/No. 82 ; LR CIIIG, Reg. 1453 (417) ;
Waldhauser, Predigt, 8.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364