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| Logiken und Akteure des Existenten und des
Wandels328
nau-Umbau, der selbst außerösterreichische Vorbilder hatte, deutlich zutage trat. Bis
ins 19. Jahrhundert erfolgten – abgesehen von kleineren Maßnahmen zur Ufersiche-
rung – kaum Wasserbauten durch Private oder durch die Stadt. Der Staat bildete auch
in anderen Umweltbereichen einen wichtigen Zwischenakteur : Über Bauordnungen
und andere Normen wurde die Modernisierung von Infrastrukturen gefordert (und
damit gefördert) ; die Pflasterungen und Kanäle des Vormärz wurden durch den Staat
kofinan ziert. Auch im Bereich der Naturrisiken wurden die normativen Auflagen des
Staates ab dem beginnenden 19.
Jahrhundert zahlreicher. Parallel dazu begann die Stadt,
in einzelnen Bereichen als Akteur des Wandels aufzutreten : Ein Beispiel dafür ist die
(die bescheidene private Außenbeleuchtung ergänzende) Straßenbeleuchtung, die im
18. Jahrhundert über Verpachtungen betrieben, schließlich zum Ende des Jahrhunderts
von der Stadt selbst übernommen und durch eine Gebühr für Hausbesitzer finanziert
wurde. Schon in den 1820er Jahren wurde die städtische Beleuchtung bereits als un-
verzichtbarer Teil einer sicheren, modernen Stadt wahrgenommen. Später setzte diese
Entwicklung bei der Brandbekämpfung, der Sauberkeit oder der Wasserinfrastruktur
ein. Flankiert wurde diese städtische Leistungsentfaltung durch den Aufstieg des Bür-
gertums und die Artikulation bürgerlicher Bedürfnisse. Im Verlauf des 19.
Jahrhunderts
reduzierte sich die private Verantwortung sukzessive und wurde durch städtische, über
Gebühren finanzierte Lösungen ersetzt. Auch bei Naturrisiken erfolgte ein Übergang
vom individuellen Risiko zu kollektiven und städtisch-öffentlichen Antworten : In Ver-
sorgungskrisen trat organisierte, bürgerliche Hilfe ab dem beginnenden 19.
Jahrhundert
stärker in Erscheinung, bei Überschwemmungen und Feuer war dies deutlich später der
Fall – hier war zunächst noch der Staat (über Normen) ein wichtiger Akteur. Die Ent-
faltung der bürgerlichen Selbstverwaltung der Städte ab den 1860er Jahren ermöglichte
und initiierte die größeren Infrastrukturprojekte ; in anderen Bereichen trat die Stadt als
Akteur nur zögerlich auf : In Linz erwarb die Stadt zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine
bestehende (kommerziell genutzte) Parkanlage, bis zur Jahrhundertwende entstanden
aber kaum weitere stadteigene Grünräume. Dafür wurden ab den 1860er Jahren über
eine Kooperation zwischen Stadtverwaltung und Bildungsbürgertum Grünräume an der
Peripherie und im unmittelbaren Umland zur Freizeitgestaltung umgestaltet.
Die Industrialisierung brachte einen materiellen und energetischen Wandel mit sich,
der auch die städtische Umwelt erheblich tangierte. Der Werkstoff Eisen ermöglichte
neue Infrastruktur (z. B. Wasserleitungen und Brücken), die Nutzung fossiler Ener-
gie modifizierte Versorgung und Hinterlandbeziehungen der Stadt. Dazu veränderten
sich die finanziellen Rahmenbedingungen – zum einen für die Stadtbewohner/innen,
zum anderen für die Stadt selbst : Die tiefgreifenden infrastrukturellen Modifizierun-
gen benötigten nicht nur sozialen und politischen Konsens, sondern auch steigende
Steuereinnahmen und potente Kreditgeber, die im Linzer Raum erst ab der Mitte des
19. Jahrhunderts auftraten.
Die meisten Transformationen erweisen sich in der Rückschau als mehrdimensio-
nal – sie ergaben sich aus einer Konstellation von verschiedenen Faktoren, die sich
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364