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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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16 Der behandelte archäologische Befund der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna ist vor dem historischen Hintergrund des mittleren und aus- gehenden 2. Jahr hunderts n. Chr. zu betrachten. Diese Zeit der sog. antoninischen Dynastie bzw. Adoptivkaiser sei durch eine gewisse ›Krisendyna- mik‹ im Imperium Romanum – so zumindest der Konsens althistorischer und archäologischer For- schung – gekennzeichnet21. Die erwähnte ›Krisen- dynamik‹ wird sowohl durch endogene Ereignisse (Markomannenkriege) als auch durch exogene Ereignisse (sog. antoninische Pest) angetrieben. In der Fachliteratur werden die innen- und außenpoli- tischen Spannungen des Zeitraums häufig in einen Zusammenhang mit möglichen Anzeichen späterer ›Reichskrisen‹ während der Soldatenkaiserzeit und Spätantike gebracht22. Im Folgenden soll auf histori- sche Ereignisse und ihre Schriftquellen, die mit den Markomannenkriegen im mittleren Donau- sowie dem Südostalpenraum auf dem Gebiet der Pro- vinzen Noricum und Pannonien sowie der Regio X Venetia et Histria in Zusammenhang stehen, näher eingegangen werden, um die Diskussion über die Verknüpfung des archäologischen Befundes mit der Ereignisgeschichte auf einer soliden Basis führen zu können. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien Die im Kapitel »Chronologie« erarbeitete Datierung des vorliegenden Brandhorizontes der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna fällt in die Zeit der Mar- komannenkriege während der Regierungszeit des römischen Kaisers Marcus Aurelius (161  –  180 n. Chr.). Die Regentschaft Marc Aurels ist durch militä- rische Konflikte geprägt. Von den 19 Jahren seiner Regierung werden 17 vor allem durch die Kriege mit den Parthern (161  –  166 n. Chr.) sowie Germanen und Sarmaten (166  –  180 n. Chr.) bestimmt23. Die offiziell als bellum Germanicum bezeichneten Aus- einandersetzungen24 an der Donau werden nach dem das Geschehen weitgehend bestimmenden germanischen Stamm von der Forschung als Mar- komannenkriege bezeichnet. Innerhalb des Zeit- raums dieser Markomannenkriege sind zwei Pha- 21 Aufzählung von Momenten der ›Krise‹ im Zusammenhang mit den Markomannenkriegen: Kehne 1994, 47. 22 Böhme 1977, 153; Kehne 1994, 48; Kehne 2009, 107; Bengt- son 1982, 371: »In der Antoninenzeit liegen die Keime des künftigen Niedergangs […].« Gegen eine weitreichende Be- urteilung der sog. antoninischen Pest als »major turning point in Roman history«: Gilliam 1961, 250 f. 23 Bengtson 1982, 374. 24 Bengtson 1982, 375 Anm. 18. Zusammenfassend zur Be- zeichnung der Kriege in den antiken Schriftquellen: Kovács 2009, 201  –  203. sen zu differenzieren. Die expeditio Germanica I (›1. Markomannenkrieg‹) dürfte sich auf Ereignisse der Jahre 166/169  –  175 n. Chr. beziehen, während die Geschehnisse der Jahre von 177/178 bis zum Tod Marc Aurels 180 n. Chr. der expeditio Germa- nica II (›2. Markomannenkrieg‹) zuzurechnen sind25. Wie im Kapitel »Forschungsgeschichte« näher ausgeführt wird, ging die ältere archäologische Forschung für Flavia Solva-Wagna von einer groß- flächigen Zerstörung des Munizipiums zur Zeit der Markomannenkriege, speziell im Zuge des Einfalls von Markomannen und Quaden bis Oberitalien26, aus. Diese germanische Invasion bis Italien wird in der Historia Augusta, die für die übrigen Ereignisse der Markomannenkriege eine grundlegende Quelle bildet, nicht behandelt. Die Forschung wollte diese Lücke der Kaiserviten als bewusste Aussparung zur Wahrung eines positiven Geschichtsbildes von der Regierungszeit Marc Aurels interpretieren27. Der germanische Einfall in Oberitalien ist lediglich durch drei kurze Textstellen überliefert, die für den historischen Kontext und die Interpretation des vor- liegenden Befundes von besonderer Bedeutung sind und deshalb in diesem Rahmen jeweils mit einer Übersetzung wiedergegeben werden. Den detailliertesten Bericht gibt Ammianus Marcellinus, der damit auch die Angabe bei Lukianos zur nur knapp gescheiterten Eroberung Aquileias bestätigt. Bemerkenswert ist die von Lukianos erwähnte Nie- derlage der Römer im Vorfeld der Belagerung Aqui- leias durch Markomannen und Quaden. Cassius Dio vermerkt lediglich, dass die Germanen (von ihm generell als Kelten bezeichnet) bis Italien vordran- gen und beschreibt eher die Gegenmaßnahmen von römischer Seite: Ti. Claudius Pompeianus und Publius Helvius Pertinax werden mit der Führung der römischen Gegenoffensive betraut. Wie im Kapitel »Forschungsmeinungen« gezeigt wird, ist in manchen Arbeiten zum Thema der Inhalt der Schriftquellen sehr stark mit Ausschmückun- gen und historischen Interpretationen vermengt28, sodass eine Trennung zwischen Quellenlage und Fakten und deren Interpretation in manchen Fäl- len nur noch bedingt möglich ist29. Eine an dieser Stelle vorgenommene bewusste Reduzierung auf die tatsächlich aus der antiken Literatur vorliegen- den Berichte30 soll dieses mitunter verunklärte Bild wieder etwas schärfen. 25 Kienast 2004, 137 f.; Kehne 2009, 103. 26 Böhme 1977, 162. 27 Birley 1987, 250; Rosen 1994, 91. 28 Goertz 1995, 101: »Der Kreativität ist ein weites Feld geöff- net. […] vor dem historisch-wissenschaftliche und schriftstel- lerisch-fiktionale Arbeit sehr eng zusammenrücken […].« 29 Vgl. dazu auch: White 1986, 65 f. 70 f. 30 Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen ›Berichten‹ auch lediglich um zwar antike Deutungen, aber dennoch nur um Deutungen und nicht um objektive Quellen handeln kann.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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