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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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159 Produktionsprozesses Öfen beheizen mussten, durch die Verwendung von Holzabfällen als Heiz- material ein Aspekt sein, den es zu berücksichtigen gilt. Indizien für die Bearbeitung von Holz liegen für Insula XLI mit den Fragmenten der Löffelbohrer Kat. 445  –  446 aus Haus II vor (vgl. Kap. 11.1.3.3). Sowohl holz- als auch beinverarbeitende Werk- stätten dürften Klebemittel benötigt haben. Neben der möglichen Verwendung von Harz und anderen Substanzen dürfte primär Leim aus Leimsiedereien zu diesem Zweck bezogen worden sein. Die Inter- aktion zwischen Beindrechslereien und Leimsiede- reien dürfte sich deshalb über die systematische Verteilung der von den jeweiligen Betrieben genutz- ten tierischen Rohstoffe hinaus auf den Bezug von Leim erstreckt haben925. Vergleichbare Interaktionen zwischen den Werk- stätten der Insula XLI zur Herstellung von Artefak- ten, die aus verschiedenen Materialien zusam- mengesetzt wurden, sind naheliegend, lassen sich im archäologischen Befund allerdings nicht sicher belegen. Die multifunktionale Nutzung von Werkstätten und Wohnräumen, die für Räumlichkeiten der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna in Betracht gezogen wurde (vgl. Kap. 10), lässt sich auch für andere provinzi- alrömische Siedlungen anführen. Eine Kombination von Gewerberäumen zur Buntmetallverarbeitung mit Wohnräumen innerhalb eines Häuserblocks ist beispielsweise für die Insula 30 von Augusta Rau- rica-Augst nachgewiesen926. Neben einer möglichen Verbindung zwischen der Produktion von Beinverarbeitung mit holz- und buntmetallverarbeitenden Betrieben könnte auch ein Zusammenhang mit der Aufbereitung tierischer Nahrung bestehen. Auf die für Raum J von Haus II auch in Betracht gezogene, mögliche gewerbliche Nutzung einer Küche wäre in diesem Zusammen- hang hinzuweisen (vgl. Kap. 10). Abgesehen von den angeführten möglichen Interak- tionen lässt sich die Organisation der Werkstätten der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva- Wagna kaum näher determinieren. Die Größe der Räumlichkeiten spricht für kleine (Familien-[?]) Betriebe. Ob wir von weitgehend autonomen Klein- unternehmern oder eher von abhängigen Pächtern ausgehen müssen, lässt sich mangels Schriftzeug- nissen nicht beantworten. Während für die Beinverarbeitung nach der Menge der vorliegenden Artefakte und den unterschied- lichen Bearbeitungsspuren sowie für die Buntme- tallverarbeitung nach dem vorauszusetzenden Auf- wand (Patrizen, Matrizen, Brennstoff und Ofen etc.) von einem gewerblich betriebenen Handwerk aus- zugehen ist, muss offenbleiben, welches Ausmaß 925 Vgl. Deschler-Erb 2012d, 158 f. 926 Furger 1998, 121. 138. wir für die Textilproduktion während Periode II/II+ in der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna annehmen dürfen. Es könnte sich sowohl um eine Erzeugung für den häuslichen Eigenbedarf als auch für den Verkauf handeln (vgl. Kap. 13.3). 13.1 Bein- und Hornverarbeitung Nach den Fundkonzentrationen von Beinartefakten in den Räumen P und Q des Hauses IV darf wohl von einer beinverarbeitenden Werkstatt in diesem Bereich der Insula XLI ausgegangen werden (vgl. Kap. 10; 11.2.1). 13.1.1 Rohstoffe Die vorliegenden Funde zeigen, dass zur Bearbei- tung im Rahmen der römerzeitlichen Produktion von Artefakten auf dem Areal der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna Knochen und vielleicht Horn an Tier- resten herangezogen wurden. Elfenbein und ande- res Zahnmaterial sowie Geweih fehlen. In erster Linie wurden zur Herstellung von Beinar- tefakten in der Insula XLI Lang- und Röhrenkno- chen sowie Schulterblätter von Rindern ausgewählt (Abb. 36). Darauf, dass während der Römerzeit mit Abstand am häufigsten Knochen von Hausrindern zur Erzeugung von Beinartefakten herangezogen wurden, hat zuletzt auch S. Deschler-Erb hinge- wiesen927. Neben den vorliegenden Halbfabrikaten und Bruchstücken von Halbfabrikaten ein weiterer Hinweis dafür, dass es sich um eine zur Beinver- arbeitung spezialisierte Werkstatt und nicht um ein ›Nebengewerbe‹ im Rahmen der Fleischproduktion handelt. Ein Überblick zur römerzeitlichen Beinverarbeitung in Britannien zeigte, dass Mittelfuß- und Mittelhand- knochen bevorzugt zur Beinverarbeitung herange- zogen wurden. Außerdem wurden radii, scapulae und tibiae verwendet928. Auch für das römische Augusta Raurica-Augst929 und Köln930 wurde auf die Auswahl von Mittelfußknochen zur Beindrechs- lerei hingewiesen. Dieses Phänomen ist nicht auf die Nordwestprovinzen beschränkt. In Sagalas- sos (Kleinasien) wurden während der Römerzeit fast ausschließlich Rinderknochen und von diesen bevorzugt die Lang- und Röhrenknochen von Vor- der- und Hinterfuß zur Beinverarbeitung verwen- det931. Die in Sagalassos festgestellte Auswahl dürfte direkt mit dem an Produktionsabfall und Halb- fabrikaten nachweisbaren Produktspektrum (Löffel, 927 Deschler-Erb 2012a, 115. 928 Crummy 2001, 100. 929 Schmid 1968, 185 f. 930 Berke 1989, 883. 931 De Cupere u. a. 1993, 269 f. Tab. 1.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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