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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 186 -
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Seite - 186 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

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186 bination mit Flechtwerkwänden (Haus I-Zwischen- wände) gekennzeichnet1124. Die Änderung von Grundstücksgrenzen und festzu- stellende neue Bebauungsmuster wurden in Aquae Helveticae-Baden auf eine Änderung der Eigen- tumsverhältnisse nach einem Brand und in weiterer Folge auf kriegerische Auseinandersetzungen bezo- gen1125. Ein gegen 180 n. Chr. abgebranntes Holz- gebäude in Genf wurde vergleichbar mit Haus II der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna nicht antik wie- dererrichtet oder überbaut1126. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva Jüngere archäologische Untersuchungen in Flavia Solva-Wagna haben gezeigt, dass die Aussagen W. Schmids über eine weitgehende Zerstörung des Munizipiums im Zuge der Markomannenkriege nicht haltbar sind (vgl. Kap. 4). In den zuletzt ergrabenen Bereichen von Flavia Solva-Wagna fehlen Hinweise auf antoninische Brand- oder Zerstörungsschichten (vgl. Kap. 14). Bemerkenswert ist, dass von den archäologischen Ausgrabungen jüngeren Datums in Flavia Solva-Wagna, die keine Hinweise auf aus- gedehnte antoninische Brandschichten erbrachten, besonders Flächen im Südosten des Munizipiums betroffen waren. Folgt man der herkömmlichen Auf- fassung eines Eindringens der germanischen Inva- soren entlang der Bernsteinstraße und weiter in das Territorium Flavia Solva-Wagnas von Südosten ent- lang des Murtals, hättten diese Stadtviertel beson- ders und als erste von einem Einfall betroffen gewe- sen sein müssen. Es ist festzustellen, dass nach einer kompletten Zerstörung von Flavia Solva-Wagna durch die Mar- komannen, wie sie W. Schmid postulierte, wohl kaum die auf dem Areal der Insula XLI in den Jah- ren nach der Brandzerstörung nachgewiesene – wenn auch reduzierte – Bautätigkeit (Bauperiode III, terminus post quem 173 n. Chr.)1127 möglich gewe- sen wäre, zieht man jedenfalls die Entvölkerung, einerseits durch die sog. antoninische Pest, ande- rerseits durch die Ermordung oder Verschleppung der Bevölkerung während der Kriege ins Kalkül. Bezüglich dieser Überlegungen ist jedoch auf die für Haus I der Periode III explizit erwähnten »äußerst schwach und flüchtig aus Stein- und Ziegelmaterial in Zweitverwendung«1128 errichteten Außenmau- ern hinzuweisen (vgl. Kap. 16.7). Diese Angaben decken sich mit jenen, die W. Schmid im Zusam- 1124 Groh 1996, 88  –  101 Plan 8  –  9. 1125 Schucany 2005, 60. 1126 Haldimann u. a. 1991, 204. 1127 Groh 1996, 91. 160 f. 1128 Groh 1996, 90. menhang mit Wiederaufbaumaßnahmen anführt (vgl. Kap. 4). 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls Der Brandbefund der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna ist ein innerhalb der süd- ostnorischen Siedlungslandschaft bzw. im Bereich des östlichen Einzugsgebietes von Flavia Solva- Wagna, westlich und nordwestlich der Bernstein- straße, bislang singuläres Phänomen (vgl. Kap. 15). Geht man in Übereinstimmung mit der herkömm- lichen Forschungsmeinung davon aus, dass die germanische Invasion im Jahr 170 n. Chr. über die Route der Bernsteinstraße erfolgte, ergibt sich die Frage, weshalb ›marodierende germanische Verbände‹ ihren Überfall entweder auf das süd- ostnorische Munizipium beschränkten oder dieses Gebiet gänzlich mieden, wovon bei der derzeitigen Befundlage auszugehen wäre. Großflächige annä- hernd kontemporäre Brandhorizonte aus der Zeit der Markomannenkriege konnten bislang weder in den Vici noch in den Villen im Bereich um Flavia Solva-Wagna überzeugend nachgewiesen werden, obwohl für die Anlagen von Gleisdorf, Kalsdorf und Saaz sowie Aichegg1129, Grafendorf, Grünau, Ran- nersdorf, Retznei, Södingberg1130 oder St. Martin an der Raab Ergebnisse umfangreicher Forschungs- und Rettungsgrabungen vorliegen (vgl. Kap. 15). Der derzeitige Forschungsstand zur Siedlungsland- schaft im südöstlichen Noricum und westlichen Pan- nonien spricht zumindest dafür, dass systematische Plünderungen und Zerstörungen in diesem Gebiet zur Zeit der Markomannenkriege nicht stattgefun- den haben. Die Möglichkeit eines gezielten germa- nischen Überfalls auf das Verwaltungszentrum der Region ist deshalb freilich nicht auszuschließen. Ob wir uns die germanische Invasion nach Oberitalien als koordiniertes und sorgfältig vorbereitetes Unter- nehmen oder als Summe lose zusammenhängender Aktionen verschiedener, weitgehend selbstständig agierender Gruppen vorzustellen haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Bei den genannten Modellen eines Einfalls auf koordinierter oder selbstständiger Basis wäre mit verschiedenen Varianten zu rech- nen, etwa vereinbarten ›Sammelpunkten‹: Aquileia, Opitergium-Oderzo, Donauübergang etc. (?) sowie in verschiedene Richtungen versprengten, unab- hängig operierenden, ›marodierenden Banden‹ und ähnlichen Phänomenen des Kriegswesens, um zwei Beispiele anzuführen, die freilich auf reiner Spekula- tion beruhen. 1129 Bauer u. a. 1995, 77  –  80. 1130 Wagner 2000, 458  –  461.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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