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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 72 -
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72 Kat. 513  –  515 aus Raum P durch Drechseln erzeugt wurden, können wir davon ausgehen, dass in bei- den Werkräumen gedrechselt wurde. Da sowohl das spezifische Werkzeug als auch die erzeugten Artefakte mobil sind, ist allerdings nicht zwingend auf mehrere Drechselbänke zu schließen. Tafelgeschirr aus Terra Sigillata, darunter fünf Schüsseln (Kat. 367  –  368. 372  –  373. 376) und ein Teller (Kat. 632), legen nahe, dass Raum Q nicht ausschließlich als Werkstatt genutzt wurde. Im Zusammenhang mit der Ableitung möglicher wei- terer Aktivitäten für Raum Q durch den Nachweis von Tafelgeschirr ist besonders auf die Schüs- seln Kat. 367 und 373 hinzuweisen. Beide Gefäße besitzen Flickbohrungen, die vielleicht eine Sekun- därverwendung in der Werkstatt nahelegen, die den zwar geflickten, aber wohl dennoch undichten Schüsseln besser entsprochen haben mag als eine Verwendung als Tafelgeschirr. Andererseits möchte ich nicht ausschließen, dass im Werkstattkomplex der Räume P und Q auch Geschirr geflickt wurde. Da Blei aus dem benachbarten Raum P vorliegt (Kat. 651) und die typischen Bleiklammern offen- sichtlich fehlen, jedoch saubere Bohrungen an den Scherben nachgewiesen sind, könnte es sich um zur Reparatur vorbereitete Gefäße handeln, wobei allerdings einzuräumen ist, dass das Fehlen von Bleiverklammerungen auch auf den Brandbefund (beide Schüsseln weisen sekundäre Brandspuren auf) zurückzuführen sein könnte. Für die aus Raum Q vorliegenden Tierreste, die keine konkreten Bearbeitungs- oder Zerlegungs- spuren aufweisen, gelten grundsätzlich die gleichen Überlegungen, die bereits im Zusammenhang mit Raum P geäußert wurden. Da sich diese Tierreste jedoch auf ein Langknochenfragment eines Rindes sowie das Schulterblatt eines Rindes (oder Pfer- des [?]) beschränken, d. h., mit dem zur Beinver- arbeitung bevorzugt herangezogenen Rohmaterial übereinstimmen, dürfte es sich nicht um Koch- oder Speisereste, sondern eher um Knochen handeln, die zur Bearbeitung in der Beinwerkstatt vorgese- hen waren. Nach den Funden von Nahrungsresten (vor allem Pferdebohnen, vgl. Kap. 11.2.3) könnte Raum R vielleicht als Vorratsraum anzusprechen sein214. Für Periode I sind im nächsten Umfeld des Raumes R (= Periode I: Raum K) zwei Feuerstellen (F28 und F29) nachgewiesen, die vielleicht auf eine Verwen- dung des Raumes, zumindest während Periode I, als Darre hinweisen (vgl. Kap. 9). Vielleicht wäre auch an eine Verwendung als Räucherkammer zu denken215. Für Aventicum-Avenches wurde jeden- falls nach Befunden auf benachbarte Aktivitäten 214 Groh 1996, 73 f. 215 Bezüglich Anlagen zur Verarbeitung organischer Rohstoffe zuletzt: Deschler-Erb 2012c, 137  –  142 Abb. 2, 87. wie Beinmanufaktur, Metzgerei und Räuchern hin- gewiesen216. Während Periode II könnte die Funk- tion des Raumes auf die Vorratshaltung reduziert worden sein, jedenfalls fehlen Hinweise auf Feuer- stellen, die zur entsprechenden Wärmebehandlung von Nahrungsmitteln gedient haben könnten. Der Nachweis von Schädlingsbefall an den Pferdeboh- nen spricht vielleicht für Tätigkeiten wie Auslese oder Entsorgung in diesem Bereich. Bemerkens- wert sind Scherben von zwei Typvertretern Drag. 37 (Kat. 363. 365), die als Belege für Tafelgeschirr nur ungenügend mit den erfolgten funktionalen Deutun- gen von Raum R vereinbar sind. Raum S war nahezu fundleer, weshalb eine funk- tionale Deutung schwierig ist. Vielleicht ist an einen Wohnraum (Schlafzimmer [?]) zu denken217. Das Wandfragment einer Terra Sigillata-Schüssel (Kat. 416) weist auf den Gebrauch von Tafelgeschirr hin. 10.2 Exkurs: Grube G32 Die im Hofbereich von Haus IV situierte Grube G32 (Lage: Abb. 3, Inventar: Abb. 22) könnte aufgrund der Dimensionen (mindestens 4,5 × 3,2 m)218 viel- leicht zur Entsorgung von Brandschutt aus Haus- halten mehrerer Häuser genutzt worden sein (vgl. Kap. 7). In Frage kommen dafür vor allem die Häu- ser IV und V. Zu diskutieren wäre, ob die Grube G32 noch vor dem Brand angelegt worden war und lediglich nach dem Brand zur Deponierung von Brandschutt genutzt wurde, oder ob sie erst nach dem Bran- dereignis, konkret zur Aufnahme von Brandschutt, eingetieft wurde. Letztere Annahme erscheint aus arbeitsökonomischen Gründen wenig plausibel219. Da die bereits mehrfach erwähnten limitierenden Prämissen bezüglich Zuordnung und Zusammen- setzung des Fundmaterials (vgl. Kap. 5. 7) auch für Grube G32 gelten, muss sich das Fundspektrum auf die vorliegende zuordenbare Auswahl beschränken. Da die nördliche, östliche und südliche Begrenzung der Grube G32 nicht freigelegt werden konnte, ist bezüglich Vollständigkeit und Repräsentativität der Befunde und Funde dieses Fundzusammenhangs keine Gewissheit zu erlangen. Die Verfüllung der Grube bestand aus holzkohlerei- chem schwarzbraunen Lehm, Mörtel sowie Funden aus Bein und Keramik220. 216 Deschler-Erb 2012a, 117. 217 Groh 1996, 74. 218 Groh 1996, Plan 6. 219 Dagegen Groh 1996, 76: »Die Grube G32 ist in die Brand- schuttschicht nach der Zerstörung eingetieft worden […]. In dieser Grube wurde wahrscheinlich Schutt dieses Zerstö- rungshorizontes entsorgt.« 220 Groh 1996, 221.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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