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Eine These, die als Argumentationsbasis für eine
Brandschatzung herangezogen werden könnte,
wie sie zuletzt für das Kastell von South Shields
versucht, allerdings wieder relativiert wurde132.
Im Brandbefund der Insula XLI von Flavia Solva-
Wagna zeichnen sich gleichzeitige, aber separat
gelegte Brände ebenso wenig ab wie ein einziger
Brandherd.
Im Rahmen der Diskussion, ob ein Brand oder meh-
rere Brände für die Insula XLI während Periode II/II+
vorliegen, ist abschließend festzuhalten, dass sich
Brandzerstörungen im archäologischen Befund,
besonders in den Häusern II, IV und V sowie bedingt
in Haus III, durch entsprechende Brandschichten
abzeichneten. Diese wurden im Zuge der Periodi-
sierung der Insula XLI einheitlich der Periode II/II+
zugewiesen und um 170 n. Chr. datiert133. Diesen
Prämissen folgt auch die vorliegende Arbeit.
Befunde in situ verbrannter Fachwerkwände (Haus
II: M51)134 sprechen deutlich dagegen, dass es
sich um lediglich sekundär deponierten Brand-
schutt135, der von einer anderen Lokalität in Flavia
Solva-Wagna stammen würde, handelt. Nicht aus-
zuschließen sind dagegen gewisse Maßnahmen,
wie Aufräumarbeiten, z. B. Abreißen von Fachwerk-
mauerstümpfen, Absuchen des Schutts nach Ver-
wertbarem etc. Die genannten möglichen deposi-
tionalen anthropogenen Eingriffe im Rahmen von
Aufräumarbeiten sind freilich Phänomene, die
sich im archäologischen Befund kaum bis lediglich
schwach abzeichnen. Gewisse Indizien hinsichtlich
des Fundmaterials (s. u.) sprechen jedoch dafür,
dass solche Tätigkeiten zu einer – wenn auch klein-
flächig begrenzten – Durchmischung und Beeinflus-
sung der Zusammensetzung des Fundmaterials an
Ort und Stelle geführt haben könnten.
Die konkrete Entsorgung von Brandschutt ist ledig-
lich für die im Innenhofbereich des Hauses IV ange-
schnittene Grube G32 plausibel, die mit Brandschutt
verfüllt worden war136. Nach der Lage der Grube
dürfte am wahrscheinlichsten Brandschutt des Hau-
ses IV, vielleicht auch des Hauses V, in Grube G32
deponiert worden sein. Die aus Grube G32 stam-
menden Beinfunde dürfen deshalb wahrscheinlich
mit der für Haus IV postulierten Beinwerkstatt in
Zusammenhang gebracht werden (vgl. Kap. 10.2).
Die Ausdehnung der Grube nach Osten ist nicht
ergraben. Im Vicus von Regensburg-Kumpfmühl
sind mit Brandschutt verfüllte Gruben und Keller
belegt137.
132 Hodgson 2005, 212 f.
133 Groh 1996, 75. 179.
134 Groh 1996, 220 Plan 5.
135 Vgl. Fischer 1994, 342.
136 Groh 1996, 75.
137 Faber 1994, 92. Auch in der Grube G21 war Brandschutt deponiert
worden. Lage und Größe der Grube sowie die wohl
während Periode II noch vor dem Zeitpunkt des
Brandes erfolgte Anlage der Hohlform sprechen
jedoch gegen eine Deutung im Zusammenhang mit
systematischer Entsorgung von Brandschutt (vgl.
Kap. 10.1).
Die Brandschuttschicht ist in einigen Bereichen
durch jüngere Eingriffe, z. B. Gruben etc. (Haus
II: G6, G12, G22, G25), gestört (vgl. Kap. 7.4).138
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die
Aufführung der Mauer M67 (Haus IV) in der folgen-
den Bauperiode III ohne Fundamentierung oder
Zwischenplanierung direkt auf dem Brandschutt-
stratum139.
7.2 Funde
Die unterschiedlichen Verbrennungsspuren, die
sich besonders auf Bein- und Keramikartefakten
abzeichnen, legen nahe, dass mit unterschiedlichen
Intensitäten des Brandes in verschiedenen Berei-
chen der Häuser der Insula XLI von Flavia Solva-
Wagna zu rechnen ist. Die Gründe dafür können
vielfältig sein und von Einwirkungen von Wind oder
Windrichtungen, dem Vorhandensein von leichter
oder schwerer entzündlichen Materialien bis zur
aktiven Brandbekämpfung, d. h. Löschversuchen
und -arbeiten, reichen. Die Bandbreite sekundärer
Brandspuren, die auf Keramikgefäßen und deren
Fragmenten festzustellen sind, reicht von leichten
partiellen Verfärbungen (z. B. Kat. 95 Fototaf. 3)
bis zu ausgeglühten, deformierten und geborstenen
Stücken (z. B. Kat. 25. 31. 94. 101. 169. 247. 259.
276. 351 Fototaf. 1. 6). Brandspuren müssen sich
nicht stets über den gesamten Gefäßkörper in der-
selben Intensität erstrecken. Auch deutlichere, stär-
kere Brandspuren können Keramikgefäße mitunter
zunächst nur partiell beschädigt haben, während
der übrige Gefäßkörper zwar zerscherbt, aber ohne
vergleichbare Brandspuren aufzuweisen, erhalten
ist140. Beispielsweise zeigt der Gefäßkörper des
Topfes Kat. 137 sowohl stark sekundär verbrannte
Partien, die sich deutlich durch schwarz verglühte
Glimmer- und Quarzpartikel abzeichnen, als auch
intakte, kaum feuerbeeinflusste Gefäßbestandteile
(Fototaf. 3). Das heißt, einzelne Gefäßfragmente,
die keine Brandspuren zeigen, könnten dennoch
von sekundär verbrannten Gefäßen stammen. Wäh-
rend geringfügige sekundäre Brandspuren auch von
der zweckmäßigen Verwendung eines Gefäßes
138 Vgl. Groh 1996, 221 Plan 5.
139 Groh 1996, 89 Abb. 60.
140 Zu ähnlichen Beobachtungen: Vgl. Czysz 1982, 286; Fischer
2009, 110 Abb. 2 (vorwiegend im Bodenbereich durch Hitze-
einwirkung deformierte Flasche).
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321