Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 183 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 183 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

Bild der Seite - 183 -

Bild der Seite - 183 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

Text der Seite - 183 -

183 und Militaria aufgefunden1101. Menschliche Über- reste in Kombination mit Brandschutt und Waffen- funden in Augusta Vindelicum-Augsburg wurden mit einem Germaneneinfall während des zweiten Drittels des 3. Jahr hunderts n. Chr. verknüpft1102. Mit Gebäudeschutt vergesellschaftete menschliche Schädelreste, die z. T. Spuren von Gewalteinwir- kung zeigen, werden mit einer Zerstörung der römi- schen Villa von Nördlingen-Holheim, vielleicht durch einen Überfall, in Zusammenhang gebracht1103. Unter den Beispielen für Funde von Skelettresten aus Siedlungs- oder Zerstörungsbefunden wären weitere Befunde des 3. und 4. Jahr hunderts n. Chr. zu differenzieren, die, wie die bereits erwähn- ten Befunde von Nida-Frankfurt/Heddernheim, möglicherweise neben dem Zusammenhang mit Kampfhandlungen auch eine rituelle Komponente aufweisen. Eine Brunnenverfüllung im Bonner Legi- onslager enthielt Skelettreste von 15 Individuen, darunter auch Frauen und Kleinkinder. Nach Aus- weis der spätantiken Münzfunde wird der Befund mit dem Frankeneinfall der Mitte des 4. Jahr hunderts n. Chr. verknüpft1104. Aus einem Schacht in Jülich- Kirchberg geborgene Menschenknochen von drei Individuen wurden mit einem Zerstörungshorizont einer Brandkatastrophe des 4. Jahr hunderts n. Chr. in Verbindung gebracht1105. In einem Brunnen in Jüchen deponierte Menschenknochen weisen nach den charakteristischen Spuren von Gewalteinwir- kung auf ein hingerichtetes Individuum hin, wes- halb ein Zusammenhang des Skelettmaterials mit dem ebenfalls im Brunnen deponierten Brandschutt ausgeschlossen wurde1106. Auch aus Regensburg liegen aus der Schutteinfüllung in einen Brunnen menschliche Schädelteile vor, die deutliche Spu- ren von Gewalteinwirkung zeigen1107. Eine Ver- bindung dieses Befundes mit dem um 240 n. Chr. abgebrannten Tempel, aus dessen Schutt ebenfalls Überreste von zwei Individuen, die allerdings keine Spuren von Gewalteinwirkung aufweisen, gebor- gen werden konnten, liegt nahe1108. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch auf die Schädel mit tödlichen Verletzungsspuren aus den Brunnen- befunden des 3. oder 4. Jahr hunderts n. Chr. von Regensburg-Harting hinzuweisen1109. Bemerkenswert ist ein Konvolut menschlicher Ske- lette des sog. Tower 19 Countermine Deposit von Dura Europos, die mit römischen Gegenmaßnah- men im Zuge der persischen Belagerung um die 1101 Winkelmann 1914, 6. 1102 Ortisi 2002, 151. 1103 Czysz – Faber 2004/2005, 139. 1104 Plum 1994, 92. 1105 Becker – Päffgen, 2003, 126  –  128. 1106 Becker 2008, 86 f. 1107 Schröter 1982, 117 f. 1108 Schröter 1982, 118. 1109 Schröter 1984, 118  –  120. Mitte des 3. Jahr hunderts n. Chr. verbunden wer- den1110. Von herkömmlichen Bestattungen abweichende Deponierungen menschlicher Skelette und Pfer- deskelette in Gelduba-Krefeld/Gellep werden mit dem Bataveraufstand 69 n. Chr. oder Konflikten des 3. Jahr hunderts n. Chr. in Verbindung gebracht1111. Das Fehlen von »murdered people […] or tra- ces of a military encounter« in einem spätantiken, mit einem Hunneneinfall des zweiten Viertels des 5. Jahr hunderts n. Chr. verknüpften Brandschuttho- rizont in Iatrus-Kriwina, wird dahingehend interpreti- ert, dass »the inhabitants had apparently left upon hearing news of the approaching enemy«1112. Ein Schadensfeuer wird nicht in Betracht gezogen. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde Neben dem Fehlen von Militaria und menschlichen Überresten wurde bereits auf den generell geringen Nachweis an Metallfunden, vor allem Werkzeugen, wie sie im Zusammenhang mit den übrigen Hinwei- sen auf Werkstätten, zu erwarten gewesen wären, hingewiesen (vgl. Kap. 7; 13). Ähnlich der Diskus- sion um die nicht vorhandenen Menschenkno- chen lassen sich daraus keine Schlüsse ableiten, die eines der beiden Szenarien (Brandschatzung oder Schadensfeuer) ausschließen oder bestäti- gen würden. Einerseits mag der geringe Nachweis an Metallica mit dem Schrottwert der Artefakte zusammenhängen und hinsichtlich eines systema- tischen Durchsuchens der (aus welchem Grund auch immer) abgebrannten Häuser durch die lokale Bevölkerung oder ehemalige Bewohner gedeu- tet werden. Andererseits könnte das weitgehende Fehlen von geschmiedetem Werkzeug etc. im vor- liegenden Fundmaterial auf eine Plünderung ger- manischer Invasoren zurückgeführt werden1113. Zur Klärung der Brandursache vermag diese Diskussion deshalb keinen Beitrag zu leisten. Die vorliegenden übrigen Funde belegen einen Brand, aber nicht dessen Ursache. Münzfunde und Terra Sigillata erlauben zwar eine relativ prä- zise chronologische Einordnung des Befundes in die Zeit der Markomannenkriege. Terra Sigillata mit sekundären Brandspuren, die aus einer entspre- chenden Brandschicht stammt, mag als zusätzli- cher Beleg eines Brandes während des definierten Zeitraumes gelten, erlaubt aber keine direkten his- torischen Verknüpfungen mit Germaneneinfällen, wie beispielsweise im Zusammenhang mit zeitlich 1110 James 2005, 189  –  206; James 2010, 34  –  38 Abb. 15. 1111 Reichmann 1999, 97  –  101 Abb. 1  –  2; 105 Abb. 4. 1112 Vagalinski 2012, 319. 323 (dort derselbe Autor durchaus auch kritisch allgemein zu dieser Thematik). Vgl. Gugl 2013, 90 f. 1113 Vgl. Schucany 2005, 59.
zurück zum  Buch Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva"
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
FWF-E-Book-Library
Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva