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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 180 -
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Seite - 180 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

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180 Nach Auswertung des vorliegenden Befundes der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva- Wagna ist davon auszugehen, dass zumindest die Häuser II, IV und V der Insula um 170 n. Chr. von einem Brand betroffen waren (vgl. Kap. 12). Nach dieser Prämisse soll im Folgenden die Möglichkeit einer Verknüpfung des Befundes mit der histori- schen Überlieferung, konkret dem vermutlich 170 n. Chr. erfolgten Einfall der Markomannen und Qua- den bis Oberitalien, diskutiert werden. Im Zentrum steht die Frage, ob der vorliegende Befund auf ein Schadensfeuer (Argumentationskette 1) oder einen ›germanischen Überfall‹ (Argumentationskette 2) zurückzuführen ist und ob oder weshalb eine dieser Varianten zu favorisieren ist. Die beiden Interpreta- tionsvarianten und die jeweiligen Argumente dafür und dagegen sollen deshalb ausführlich bespro- chen werden. Die Diskussion wurde bewusst auf diese nach der Quellenlage wohl wahrscheinlichs- ten Erklärungsmodelle1076 des Brandbefundes beschränkt. 16.1 Holzarchitektur Generell begünstigt die nachgewiesene Verbauung der Insula XLI weitestgehend in Holzarchitektur (vgl. Kap. 9) das Entstehen und die Ausbreitung eines Feuers, gleich welcher Ursache. Darauf, dass in römischen Siedlungen, die in den Nordwestprovin- zen häufig durch Holz-Fachwerk-Architektur geprägt sind, relativ häufig mit Bränden (wieder egal welcher Ursache) zu rechnen ist, wurde von der Forschung bereits verschiedentlich hingewiesen1077. Auch wenn die Gefahr des Übergreifens von Feuer auf benachbarte Häuser in Flavia Solva-Wagna nicht so groß gewesen sein mag wie in Vici mit Streifen- hausbebauung mit gemeinsamen Trennwänden, dürfte sich die Bevölkerung des südostnorischen Munizipiums durchaus der Brandgefahr bewusst gewesen sein. Der epigrafische Nachweis eines collegium centonariorum in Flavia Solva-Wagna belegt zumindest für die severische Zeit (terminus ad quem 211 n. Chr.) die munizipale Organisation der Brandbekämpfung1078. Die von Fachwerkbauten ausgehende Feuergefahr war im antiken Bauwesen bekannt (Vitr. 2, 8, 20): […], tanto maiori et communi calamitati, quod ad incendia uti faces sunt parati. Für den Vicus von Salodurum-Solothurn konn- ten zumindest für einen Bereich der Siedlung vier 1076 Vgl. »Vergangenes war nicht gleichermaßen wahrscheinlich« und weitere Überlegungen bei: Demandt 2011, 37 f. 59  –  61. 1077 Noll 1954, 43 f. 64 Anm. 2; Schucany 2005, 58. 1078 Zuletzt: Lafer 2003, 83  –  104. Brände innerhalb eines Zeitraums von ca. zwei Jahrhunderten nachgewiesen werden1079. 16.2 Schadensfeuer Zahlreiche potenzielle Gefahrenquellen, die zum Ausbruch eines Schadensfeuers geführt haben könnten, lassen sich für die Insula XLI anführen. Ins- gesamt 19 Feuerstellen sowie ein Präfurnium sind für Bauperiode II nachzuweisen. Zahlreiche dieser Feuerstellen sind direkt an Trennwände angebaut (vgl. Kap. 9). Funde, die mit der Verarbeitung von Buntmetall in Zusammenhang gebracht werden dürfen, belegen, dass zumindest einige Feuerstel- len auch im Rahmen der gewerblichen Ausübung eines Handwerks genutzt worden sein dürften (vgl. Kap. 10. 13). Auch Öllampen aus Keramik sind zu den potenziellen Gefahrenquellen, die zu einem Schadensfeuer führen konnten, zu zählen (vgl. Kap. 11.1.2.4). Die angeführten Installationen und Funde können zumindest als feuergefährlich ange- sprochen werden und kommen lediglich als Ursache für ein Schadensfeuer in Betracht (Abb. 13). Neben diesen archäologisch nachweisbaren Gefahren- quellen wäre freilich auch mit ›natürlichen‹ Brandur- sachen, etwa durch Blitzschlag, zu rechnen. 16.3 Pompeji-Prämisse Bezüglich der Analyse des Fundmaterials ist grund- sätzlich darauf hinzuweisen, dass eine Annähe- rung der Zusammensetzung des Fundmaterials an die sog. Pompeji-Prämisse (vgl. Kap. 7.4), d. h. die Annäherung an ein möglichst vollständiges Nutzungsinventar als Hinweis auf ein plötzlich ein- getretenes, unvorhergesehenes Ereignis, bewer- tet wird. Nach der Vollständigkeit, besonders von Keramikgefäßen aus Haus II, liegt m. E. durchaus ein Hinweis dafür vor, dass es sich bei dem Brand der Periode II/II+ in der Insula XLI um ein solches plötzlich eingetretenes Ereignis handelt. Zumindest sprechen die nahezu vollständig erhaltenen Kera- mikgefäße, für die wir bis kurz vor dem Brand von einer Verwendung ausgehen dürfen, dagegen, dass es sich um ein kontrolliert aufgegebenes Gebäude handelt. Die Aufgabe einer Insula oder zumindest verschiedener Gebäude innerhalb einer Insula in einer sonst bewohnten Stadt durch einen kontrollier- ten Brand erscheint wegen des Gefahrenpotenzials ohnehin unrealistisch. Die Erkenntnis, dass es sich mit größerer Wahrscheinlichkeit um einen plötzlich und unvorhergesehen ausgebrochenen Brand han- delt, vermag freilich wenig zur Klärung der konkre- ten Brandursache beizutragen, für die unterschiedli- 1079 Spycher – Schucany 1997, 152.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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