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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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160 Haarnadeln, Nadeln)932 zusammenhängen. Auch in einer Beinwerkstätte in Pergamon wurden bevorzugt Rinderknochen, vor allem Metapodien, verarbeitet933. Als möglicher weiterer Grund für die häufige Verwendung von Metapodien zur Pro- duktion von Beinartefakten wird angeführt, dass diese Knochen wenig Fleisch tragen und deshalb in einem frühen Stadium der Produktionskette zur Gewinnung tierischer Nahrung anderen Produkti- onszweigen wie der Gerberei und der Beinverar- beitung zur Verfügung standen934. Andererseits wurde auf den annähernd quadratischen Quer- schnitt und die feste Knochenstruktur von Mittel- fußknochen hingewiesen, die vorteilhaft für die Beinverarbeitung waren935, da sie u. a. auch das Ausgangsmaterial für eine breite Palette an Pro- dukten bilden konnten. Zugeschnittene scapulae von Rindern aus Venta Belgarum-Winchester wurden nach Beifunden charakteristischer Produktionsabfälle mit einer Beinwerkstätte, die in erster Linie Haarnadeln und Löffel produzierte, in Zusammenhang gebracht. N. Crummy geht davon aus, dass die scapulae, die größere, flache und rechteckige Beinstücke liefern, für die Produktion von Webbrettchen vorgesehen waren936. Werkstätten mit vergleichbarem Pro- duktspektrum sind für Londinium-London belegt937. Die Bearbeitung von Langknochen zur Herstellung rechteckiger Täfelchen ist in Camulodunum-Col- chester nachgewiesen938. Schließlich könnten der Hornzapfen Kat. 609 mit Hack- und Schnittspuren sowie das Hornartefakt Kat. 569 auf die Verarbeitung von Horn hinwei- sen939. Da der Hornzapfen aus dem Hofbereich von Haus IV stammt, dürfte dafür am ehesten die für Raum Q postulierte Werkstatt in Frage kommen. Horn wurde wohl auch am südöstlichen Stadtrand von Flavia Solva-Wagna940 sowie vielleicht in der Insula XXII941 und im Vicus von Gleisdorf 942 ver- arbeitet, wie jeweils Funde größerer Mengen an Hornzapfen zeigen. Anhäufungen von Hornzap- fen, wie etwa in Aquileia943, könnten sowohl von Gerbereibetrieben als auch von Hornschnitzern stammen944. Die Nachbarschaft von Hornverarbei- tung und Gerberei ist auch für das römische Ton- 932 De Cupere u. a. 1993, 273. 933 von den Driesch – Boessneck 1982, 564 Tab. 1. 934 Crummy 1981, 283. 935 Schmid 1968, 185. 936 Crummy 2001, 97 f. (Grabenverfüllung, Anfang 2. Jh. n. Chr.). 937 Hall 2005, 136. 938 Crummy 2001, 100. 939 Gostenčnik 2005, 305 f. 940 Lang 2008, 134. 941 Gostenčnik 2010, 61 f. 942 Adam – Czeika 1995, 185. 199 Tab. 3 (Schuttschicht). 943 Riedel 1979. 944 Schmid 1972, 45  –  47. geren plausibel945. Neben der möglichen Nachbar- schaft von Hornverarbeitung und Gerberei wurde auf die mögliche Kooperation mit beinverarbeiten- den Betrieben hingewiesen946. Dass Halbfabrikate oder Fertigprodukte aus Horn im Fundmaterial der Periode II/II+ der Insula XLI abgesehen von Kat. 569 fehlen, entspricht den depositionalen und postde- positionalen Faktoren der Genese des Befundes (vgl. Kap. 7). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass verglichen mit den Befunden am südöstlichen Stadtrand sowie im Vicus von Gleisdorf, wo Mas- sierungen von charakteristischen Abfällen (Rinder- hornzapfen) freigelegt wurden, aus der Insula XLI während Periode II/II+ lediglich ein Fragment eines Hornzapfens vorliegt. Dass in der Beinwerkstätte von Haus IV auch Holz verarbeitet wurde, liegt nahe. Indizien im Fundmate- rial zeichnen sich dafür allerdings nur indirekt soweit ab, als dass zu spezifischen Artefakten, z. B. Käst- chen, aus deren Produktion Abfälle und Werkstücke (Scharnier Kat. 582, Verkleidungsleisten und -plat- ten Kat. 516  –  541) vorliegen, auch sehr wahrschein- lich nicht erhaltene Holzbestandteile (vgl. Kap. 7) zu zählen sind. Falls es sich bei Kat. 582 tatsächlich um ein Scharnierelement handelt, ist naheliegend, dass zur Komplettierung vergleichbarer Scharnier- konstruktionen verwendete gedrechselte, nichter- haltene Holzelemente (vgl. Kap. 7) in derselben Werkstatt, die über eine Dreh- oder Drechselbank (vgl. Kap. 13.1.2) verfügte, erzeugt wurden. Die als Löffelbohrer zur Holzverarbeitung angesprochenen Artefakte Kat. 445  –  446 stammen aus dem west- lich von Haus IV gelegenen Haus II (vgl. Kap. 10; 11.1.3.3). 13.1.2 Produktionskette Anhand der vorliegenden Beinfunde lässt sich der Produktionsprozess gut nachvollziehen947. Es dürfte davon auszugehen sein, dass die für die Produktion von Beinartefakten bevorzugt ausge- wählten Knochen (primär Langknochen und Schul- terblätter von Rindern) von den Schlachtbetrieben zur Beinverarbeitung bezogen wurden (Abb. 36). In diesem Zusammenhang überschneiden einan- der die beiden Produktionsketten der Aufbereitung tierischer Nahrungsmittel und der Herstellung von Beinartefakten. Direkte Nachweise von Hack- oder Schnittspuren, wie sie auf den als Küchenabfällen angesprochenen Knochen nachgewiesen werden konnten, fehlen auf den der Produktion von Bein- artefakten zugerechneten Abfällen und Halbfabri- katen. Das Fehlen sog. Schlachtmarken kann nicht 945 Vanderhoeven – Ervynck 2007, 162  –  166. 946 Deschler-Erb 2012 a, 120 f. 947 Generell zum Ablauf römerzeitlicher Tierkörperverwertung: Vanderhoeven – Ervynck 2007, 161 f. Abb. 16, 4.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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