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den vorliegenden Webgewichten annähernd den
gleichen Durchmesser von 0,9 und 1 cm aufweist.
Das Webgewicht Kat. 426 ist auf der Kopffläche mit
einer ante cocturam angebrachten sternförmigen
Ritzung oder X-Ritzung mit Mittelstrich versehen.
Die durch die Ritzungen bedingten Schwachstellen
sind entsprechend abgeplatzt. Ein Webgewicht mit
vergleichbarer Ritzung liegt aus einer jüngeren Peri-
ode der Insula XLI aus Haus III oder dem Bereich
zwischen Haus II und Haus III vor661. Der Ritzung
darf vielleicht weniger die Funktion einer Markie-
rung, sondern eher ein Zweck im Zusammenhang
mit der einfacheren Befestigung des Webgewichts
im Gleichgewicht sowie Vermeidung des Verrut-
schens der Aufhängung zugedacht werden.
11.1.2.7 Baukeramik und keramische Baustoffe
Das Fundmaterial der Periode II/II+ der Insula XLI
von Flavia Solva-Wagna umfasst mindestens 5 Bei-
spiele von Baukeramik und keramischen Baustoffen
(Kat. 428 – 432).
Im vorhandenen Fundmaterial liegt mit Kat. 428
lediglich ein Ziegelfragment vor. Diese Ziegelplatte
ist hinsichtlich des Formats nicht näher zu bestim-
men. Bei der konkav-konvex-konkaven Profilierung
am (intentionell [?]) rundlich gebrochenen Rand des
Fragments dürfte es sich um den Überrest einer
sog. Wischmarke handeln. Der Fundumstand des
Fragments ist nicht näher als auf den Bereich der
Quadranten D–E in Haus II einzugrenzen. Vielleicht
darf an eine Verwendung des Ziegelfragments im
Zusammenhang mit einer Herd- oder Ofenkon-
struktion gedacht werden. Nach den nur in Ansät-
zen rekonstruierbaren Fundumständen kommt dafür
vielleicht der Ziegelplattenherd F13 in Raum F in
Frage.
Das Fragment Kat. 429 aus gebranntem Lehm
wurde als im Zuge des Brandes der Periode II/
II+ sekundär gebrannter Verputz angesprochen.
Bemerkenswert sind zwei, wahrscheinlich insge-
samt vier rekonstruierbare, annähernd identische
langrechteckige parallele Ausnehmungen oder
Nute, die sich deutlich abzeichnen und das Frag-
ment mit einer Profilierung versehen. Die Regelmä-
ßigkeit der Abdrucke bzw. Profilierung ist mit den
übrigen Verputzfragmenten, die die herkömmlichen
unregelmäßigen Rutenabdrucke aufweisen, nicht
zu vergleichen. Der Querschnitt des Fragments
zeigt demnach alternierend negative und positive,
annähernd symmetrische Trapezflächen. Die Nute
könnten zur Aufnahme eines vergangenen oder
verbrannten organischen Konstruktionselements
gedient haben. Die geringen dimensionalen Unter-
schiede zwischen den Ausnehmungen sprechen
dagegen, dass sich an dem Fragment die Rück-
661 Wedenig, 2008, 335 f. Abb. 3, 3. seite eines hölzernen Treppenkastens oder Ähnli-
ches abzeichnet. Am ehesten darf dem Fragment
wohl eine Funktion als Baumaterial zugesprochen
werden. Jedenfalls muss es sich um ein Bauele-
ment handeln, dessen Ausführung größere Sorgfalt
gewidmet wurde als den gewöhnlichen Wandkonst-
ruktionen aus Rutengeflecht und Lehmverputz. Viel-
leicht ist funktional ein Zusammenhang mit einem
Fenster- oder Türrahmen herzustellen. Andererseits
könnte auch ein Dekorelement mit ›Kanneluren‹ in
Betracht gezogen werden.
Dass es sich um eine Gussform für den offenen
Herdguss handelt, ist – sofern nicht eine unbenutzte
Matrize vorliegt – nach dem Fehlen jeglicher Guss-
reste in den Vertiefungen auszuschließen.
Gegenüber dem Fragment Kat. 429 zeigen
die Verputzfragmente aus verziegeltem Lehm
Kat. 430 – 432 deutliche unregelmäßige Rutenab-
drucke von bis etwa 2 cm Breite. Diese Abmessun-
gen entsprechen jenen, die für Versteifungsruten zur
Errichtung von Lehm-Holz-Flechtwerkwänden im
Vicus von Vitudurum-Winterthur festgestellt werden
konnten662. Sowohl ähnliche als auch abweichende
Rutenstärken zwischen 1 und 2,5 cm konnten an
Lehmfachwerkverputz in Aquae Helveticae-Baden
beobachtet werden663. Keines der aus Periode II/II+
der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna vorliegen-
den Fragmente weist über der glatt gestrichenen
Seite, die identisch mit der Ansichts- oder Außen-
seite der Rutenputzwand ist, eine oder mehrere
weitere Feinputzschicht(en) auf.
Ob die Verputzfragmente von einem Flechtwerk
aus horizontal oder vertikal mit einem Holzgerüst
verflochtenen Ruten stammen, ist nach den vorhan-
denen Abdrucken nicht zu beurteilen. Abdrücke, die
auf den Rahmen des Flechtwerks hinweisen, fehlen.
11.1.3 Metall
Aus dem Fundmaterial der Periode II/II+ der
Insula XLI von Flavia Solva-Wagna liegen mindes-
tens 98 Artefakte aus unterschiedlichen Metallen
und Legierungen vor (Kat. 433 – 438. 440 – 499.
645 – 657. 819 sowie Groh 1996, Mü 10. 13 – 14.
17 – 18. 26 – 28. 30 – 34. 38. 40. 160 – 161. 193).
662 Pauli-Gabi 2002, 154 – 157 Abb. 127; vgl. Rychener 1984, 23
Abb. 12.
663 Schucany 1996, 281. 321 – 323 Taf. 1 – 3.
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321