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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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78 Dieses Kapitel ist besonders der Chronologie, Dis- tribution, Ergologie und Herstellungstechnik von spezifischen Kleinfundgattungen aus anorgani- schen und organischen Materialien gewidmet. Die Ordnung der Fundstücke folgt primär dem Herstel- lungsmaterial. Innerhalb der großen Kategorien anorganischer und organischer Materialien wie Glas, grobe Gefäßkeramik vorwiegend autochtho- ner Provenienz, Stein, Bein und Hornartefakte etc. wurde eine weitere Differenzierung nach formalen und funktionalen Kriterien vorgenommen. Bei der Dokumentation der Fundstücke wurde eine Auswahl insofern getroffen, als dass als aussage- kräftig bestimmte Fragmente abgebildet werden, während weniger signifikante Fragmente lediglich summarisch unter der Rubrik »Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung)« am Ende des Katalogs und im Text berücksichtigt werden, um dem Anspruch auf Vollständigkeit nachzukommen. 11.1 Anorganisches Fundmaterial Das aus dem Brandschutt der Insula XLI, Periode II/ II+ vorliegende anorganische Fundmaterial umfasst die Kategorien Glas, Keramik, Metall, Schlacke und Stein. 11.1.1 Glas Im vorgelegten Fundmaterial der Periode II/II+ sind lediglich neun Artefakte aus Glas vertreten (Kat. 1  –  3. 680  –  684). Die Nachweise von Glasobjekten aus dem Brand- schutt sind funktional vorwiegend dem Trinkgeschirr zuzurechnen. Ein Glaskrug (Kat. 680) der Form Isings 50, bei dem es sich um Transport- oder Vor- ratsgeschirr, vielleicht auch Tafelgeschirr handeln kann, und vier Fragmente von drei weiteren, nicht näher bestimmbaren Glasgefäßen (Kat. 681  –  682) wurden aufgrund des stark fragmentarischen Erhal- tungszustandes ohne Abbildung in den Katalog aufgenommen. Fragmente von Fensterscheiben (Kat. 683  –  684) belegen die Ausstattung von Haus II während Bauperiode II mit Fensterglas (vgl. Kap. 9). Auffallend ist der gegenüber Tafelgeschirr aus Keramik lediglich geringe Nachweis von Glasge- fäßen entsprechender Funktion. Vielleicht darf für den westlichen Stadtrand von Flavia Solva-Wagna während Periode II tatsächlich eine bevorzugte Ver- wendung von Trinkgeschirr aus sog. feiner Gefäß- keramik (vgl. Kap. 11.1.2.3) angenommen werden. Die Gründe dafür können vielfältig sein und müssen nicht mit einem höheren Preis der Glasgefäße, die – verglichen mit Tafelgeschirr aus feiner Gefäßke- ramik – keines höheren Produktionsaufwandes bedurften, zusammenhängen. Eventuell unberück- sichtigte, komplett verschmolzene Glasgefäße lie- gen aus dem Brandschutt nicht vor. Der geringe Nachweis von Glasartefakten mag andererseits vielleicht durch das kontinuierliche und sorgfältige Aussortieren von Alt- und Bruchglas zur Wieder- verwertung zu erklären sein. Grundsätzlich ist ein- zuräumen, dass das Einsammeln verschmolzener Glasreste auch nach der Brandkatastrophe aus dem Brandschutt möglich, hinsichtlich einer Wieder- verwertung des Glases wegen der Kontaminierung mit dem übrigen Brandschutt allerdings kaum sinn- voll war. Die Schale Kat. 1 ist formal den Formen Barkoćzi 61  –  62, Isings 44/85 oder Lazar 2.3.2 ähnlich. Wäh- rend die Anlehnung an die Formen Isings 44 und Lazar 2.3.2 eher für eine zeitliche Einordnung in die zweite Hälfte des 1. Jahr hunderts n. Chr. spricht229, legt die Ähnlichkeit mit den Formen Barkoćzi 61  –  62 und Isings 85 eine Datierung in die zweite Hälfte des 2. Jahr hunderts n. Chr. nahe230, die mit dem Datierungsansatz der Brandschuttschicht der Periode II/II+ der Insula XLI um 170 n. Chr. harmo- niert. Vielleicht dürfen wir die vorliegende Schale Kat. 1 deshalb einer (wohl lokalen, s. u.) Produktion zurechnen, die sich formal an den von L. Barkoćzi nach Fundmaterial aus der östlichen Nachbarpro- vinz Pannonien generierten Formen orientierte. Weitere Belege für ähnliche Glasgefäße in Flavia Solva-Wagna stammen aus den Insulae XI231 und XLIII232. Im Stadtterritorium des Munizipiums sind vergleichbare Glasschalen in den Vici von Gleis- dorf233, Kalsdorf234 und Saaz235 sowie in der Villa von Rannersdorf236 und im norisch-pannonischen Hügelgräberfeld von Kapfenstein237 nachgewiesen. Belege aus dem Vicus von Saaz stammen vorwie- gend aus Periode 4.1, deren zeitlicher Rahmen mit den Jahren 170/180  –  200 n. Chr. angegeben wird238. Diese Zeitspanne deckt sich mit der Datie- rung des vorliegenden Befundes und der von dieser plausibel abzuleitenden Mindestlaufzeit (2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.) vergesellschafteter Funde. Die einfache Glasschale Kat. 1 ist frei geblasen und besitzt einen angeschmolzenen Standring. Zur Gestaltung der tropfenförmig verdickten Mündung wurde das Gefäß auf dem Hefteisen oder auf dem auf der Pfeife verbliebenen Glaszylinder montiert 229 Isings 1957, 59 f.; Lazar 2003, 71 f. 230 Barkoćzi 1988, 69 f.; Isings 1957, 101  –  103. 231 Porod u. a. 2007, 195. 197. 204 Taf. 1, 11  –  12. 232 Seehauser 2007, 144. 190 Taf. 28, 167. 169. 233 Artner 1994, 39 f. Abb. 18, -/21; 70 Taf. 8, 5 (Grab 21, 2. Hälfte 2.–Anfang 3. Jh. n. Chr.). 234 Glöckner 1996, 73. 76 f. Abb. 1, 7 (Isings 85b, weitere Paral- lelen aus Kalsdorf, Kapfenstein und Flavia Solva-Wagna). 235 Lehner 2006, 167. 236 Schrettle – Tsironi 2007, 244. 321 Taf. 32, 7 (mit weiteren Nachweisen aus Virunum-Zollfeld). 237 Urban 1984, 103  –  105 Taf. 61, 41 (Hügel 37, 2. Jh. n. Chr.). 238 Lehner 2006, 53. 168 Tab. 16.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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