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118 Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit
Gräfin Anna Maria von Fürstenberg, geb. Hohenzollern-Hechingen, die Schleppe215. Dabei
ging der Krönungszug, in dem die Gekrönte mit Krone und Insignien einherschritt, wie
schon 1630 nicht über den Domplatz, sondern lediglich durch den Bischofspalast bzw. direkt
dorthin zurück. Die Nürnberger Gesandten vermerkten dazu, dies sei geschehen, „damit
die vngleichheit dieser vnd voriger procession nicht observirt würde“216. Damit nahmen sie
vermutlich Bezug auf den Krönungszug Ferdinands III. wenige Tage vorher, obwohl die
Beschreibung aus der Feder Christians von Anhalt-Bernburg nicht vermuten lässt, dass die
Zahl der Anwesenden deutlich höher gewesen wäre als bei der Krönung Maria Annas.
Nachdem die Reichskrone 1630 zuerst für Kaiserin Eleonora Gonzaga genutzt worden
war, kam sie auch 1637 wieder zum Einsatz. Eine Bemerkung der Nürnberger Kronge-
sandten zeigt jedoch den abweichenden Umgang damit und zugleich die Dimension des
Rituals als Last. Sie hielten fest217, dass Maria Anna, sobald sie nach dem Krönungsakt auf
einen Thron neben ihrem Gemahl geleitet worden war,
„alß bald die cron (welche wir vorhin ihrer Mst. 2 mahl zu probirn nachhof gebracht, da
dann ihr Mst. weiln ihr selbe zu weit ein pölsterlein von seiden darunter anhefften lassen)
wegen deß beschwerlichen gewichts von dem haubt auff den stul geleget. Ihr Mst. die Kay-
serin haben ihre absonderliche schöne cron vff dem haubt behalten“.
Die Tagebuchaufzeichnungen des Fürsten von Anhalt-Bernburg bieten für 1637 erstmals
die Möglichkeit, zwei weitere Dimensionen der Kaiserinnenkrönung genauer zu be-
trachten. Zum einen zeigen seine Aufzeichnungen, dass es selbst für einen calvinistischen
Reichsfürsten kein Problem darstellte, dem katholischen Ritus beizuwohnen: Für die Krö-
nung Ferdinands III. erwähnt er lediglich, dass die anwesenden Reichsfürsten wie er selbst
ihre Sessiones eingenommen hätten; für die Krönung Maria Annas immerhin, dass der
kursächsische Gesandte Friedrich von Metzsch am Beginn des Hochamtes die Kirche ver-
lassen habe und nach dessen Ende zurückgekehrt sei218. Allerdings teilt er nicht mit, wie
genau er sich während des katholischen Ritus verhalten habe.
Zum anderen zeigen seine Niederschriften besonders deutlich das Konfliktpotential,
welches mit der Umsetzung von Direktorien verbunden sein konnte. Freilich betraf dies
215 Z. B. HAB Wolfenbüttel, 82 Blankenburg, fol. 47r/v.
216 StAN, Rep. 67 Nürnberg, Krönungsakten Nr. 21, fol. 72v. Auch Johann Heinrich von Pflaumern,
Bürgermeister von Überlingen, vermerkte aber den Unterschied hinsichtlich von „pomp und
vncosten“ beider Krönungen, siehe Semler, Pflummern, 317.
217 StAN, Rep. 67 Nürnberg, Krönungsakten Nr. 21, fol. 72r.
218 Tagebuch Anhalt, 20./30.12. 1636 (MS fol. 296r) bzw. 28.12.1636/7.01.1637 (MS fol. 316r); HHStA,
MEA WuK 16, Fasz. 1, fol. 140v–141r.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427