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Chronikwerke 177
gerade zweijährigen Erbprinzen eingesetzt habe93. Auf die vorangehenden Vermittlungs-
bemühungen wurde dabei jedoch kein Bezug genommen.
Eine Ursache dieser Differenz war naheliegenderweise die unterschiedliche Material-
basis und der unterschiedliche Entstehungskontext der beiden Chronikwerke. Bei Khe-
venhüllers „Annales Ferdinandei“ handelte es sich wie gesagt um ein Werk höfischer Ge-
schichtsschreibung mit deutlichen Elementen beruflicher Selbstdarstellung, für das der
Autor in erheblichem Maße auf Material von nicht-öffentlichem Charakter und eigenes
Erleben zurückgreifen konnte. Dagegen war das „Theatrum Europaeum“ ein redaktionell
gefertigtes Kompilationswerk, das nicht zuletzt aufgrund des verarbeiteten Materials ge-
wisse Ähnlichkeiten mit höfischer Publizistik aufwies. Es zielte jedoch auf ein deutlich
breiteres Publikum ab als Khevenhüllers Werk, und es wurden hier wohl in stärkerem
Maße Medien serieller Nachrichtenberichterstattung wie Zeitungen, Messrelationen,
Flugschriften und weiteres Material verarbeitet94. Publikationen wie das „Theatrum“ wa-
ren verlegerische Unternehmungen und damit klar auf Gewinne orientiert, waren also auf
die Erwartungshaltung eines größeren Publikums ausgerichtet und wirkten gleichzeitig auf
die Kreation von Nachrichtenbedürfnissen hin.
Diese unterschiedlichen Entstehungskontexte und Materialgrundlagen hatten Diffe-
renzen im Umfang der einzelnen Meldungen sowie in einigen Themenfeldern zur Folge,
die eben umrissen wurden. Trotzdem gab es signifikante Gemeinsamkeiten hinsichtlich
der Medialisierung der Kaiserin: Sie war in beiden Formen von Chronikwerken kein
Gegenstand regelmäßiger Berichterstattung in dem Sinne, dass etwa in jedem Jahr die
gleichen Anlässe gemeldet oder dass wirklicher Überblick über die Aktivitäten der Frauen
gewährleistet worden wäre. Der Bezug zwischen Kaiserin und Reich war im „Theatrum“
nicht etwa ausgeprägter als in den „Annales Ferdinandei“, vielmehr waren es mit Einzü-
gen anlässlich von Reichsversammlungen und Krönungen die gleichen Gelegenheiten, bei
denen über die Kaiserin im Reich berichtet wurde. Vergleichbar waren ebenso die anderen
thematischen Schwerpunkte wie Hochzeit, Niederkunft und Tod sowie die Reisen, die
allesamt eher einer allgemeinen Berichterstattung über das Kaiserhaus als Dynastie des
Reiches zuzuordnen sind.
93 Theatrum Europaeum, Bd. 3, 836.
94 Bauer, Strukturwandel, 599f.; Schock, Theatrum Europaeum, unpag.; Schultheiss-Heinz,
Verhältnis.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427