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Audienzen für reichsständische Diplomaten 263
sich ihr mit drei tiefen Reverenzen, und der erste Gesandte Friedrich von Metzsch trug in
formvollendeter Rede die Grüße des kurfürstlichen Paares und die Gratulation zur Ge-
burt eines Prinzen – des späteren Kaisers Leopold I. – vor. Außerdem wurden Wünsche
hinsichtlich der Gesundheit der kaiserlichen Familie und ein allgemeines Anerbieten der
Dienste von Kurfürst und Kurfürstin formuliert.
Diese Rede dolmetschte der Obersthofmeister anschließend für die Kaiserin ins Spani-
sche und erhielt von ihr auf Spanisch Anweisungen für eine Antwort, in der Maria Anna
sich für die Wünsche bedankte, auf das gute Verhältnis der Häuser Österreich und Sachsen
hinwies und ihr Bedauern darüber ausdrückte, dass der Kurfürst nicht habe selbst in Re-
gensburg erscheinen können, um die so notwendigen Verhandlungen über einen Frieden
im Reich zu befördern. Nach einer abschließenden Versicherung der kaiserlichen Gnade
zogen sich die Gesandten mit drei Reverenzen wieder zurück und hielten abschließend
fest:
„Die audiens haben ihre Mait. mit aufgethaner thür, also vnd dergestalt, das alle vnsere
aufwärter vnd leute mit ins gemach gehen vnd es mit anhören können, gegeben. Weil es
aber bey spathen abendt gewesen, vnd ihre keyßerl. Mait. an einer taffel fürwerz, hinder
derselben aber das liecht gestanden, hatt man ihre Mait. dißmahl vnter dero gesicht nicht
erkennen können.“
Bei dieser Form der Audienz für reichsfürstliche Gesandte ging es also primär um die Si-
cherung „guter correspondens“ zwischen den fürstlichen Häusern78, wie Franz Christoph
Khevenhüller 1640 in seiner Antwort formulierte, verbunden mit einem gegenseitigen
Ehrerweis. Solche Audienzen fanden ebenso in der kaiserlichen Residenz Wien statt, wie
vereinzelte Hinweise erkennen lassen: So suchte etwa der hessen-darmstädtische Gesandte
1681 um eine Audienz bei Kaiserin Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an, die aller-
dings wegen deren Schwangerschaftsbeschwerden nicht zustande kam79. In anderen Fällen
waren solche Ansuchen durchaus erfolgreich, wie ein Briefregister dieser Kaiserin zeigt80,
in dem Recredentialschreiben an verschiedene Fürsten erwähnt werden, deren Gesandte
78 Zur Relevanz kommunikativen Austauschs zwischen den Fürsten siehe etwa Lanzinner, Friedens-
sicherung, oder Edelmayer, Söldner und Pensionäre, bes. 112–123, 212–214, für das 16. Jahrhun-
dert.
79 Baur, Berichte, 311f.; die Möglichkeit einer Audienz wird auch erwähnt in der Instruktion für den
sachsen-weimarischen Gesandten 1660, siehe Keller/Scheutz/Tersch, Weimar, 153.
80 HHStA, Familienkorrespondenz A 32/3, Register, fol. 91v–92r, 149v–150r, 132r/v, 173r, 172v, 110r/v.
Recredentiale gingen aber beispielsweise auch an den König von Dänemark und die Generalstaa-
ten: ebenda fol. 153v–154r, 130v. Beispiele auch für Königin Amalie Wilhelmine in Familienkorres-
pondenz A 33/30/2, fol. 37r, 84r/v, oder Familienkorrespondenz A 33/30/4, fol. 79r.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427