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Fürbitten 285
raus eine gewisse Verpflichtung der Kaiserin gegenüber der Fürstin resultierte, ließ Maria de
Austria selbst in einem Schreiben formulieren:
„Vnd wo wir herwiderumben in vnser gwalt ichtwas wißen, damitt derselben in gleichen
vnnd mehrerm zur annemblicheitt gedient sein, oder wir sonsten sölche euer Ld. ertzai-
gung widergelten möchte, sollte es gwißlichen euer Ld. zu aller zeitt offen vnnd vnuersagt
sein, vnnd wöllen euer Ld. dasselb von vnns zubegern keinen scheich haben“165.
Auf diese Verpflichtung ließ sich dann zurückgreifen, wenn die Kurfürstin ein Anliegen am
Kaiserhof bzw. beim Kaiser vortragen wollte. So bat Anna etwa 1572 die Kaiserin um Unter-
stützung, als Herzogin Sidonia von Braunschweig-Calenberg, Annas Schwägerin, in einem
Ehestreit ihr Recht bei Kaiser Maximilian II. suchen wollte. Durch „demutige vorbitt“166
sollte Maria die Angelegenheit bei ihm befördern, was auch gewährt wurde. Die Kaiserin
ihrerseits griff auf die Unterstützung der Kurfürstin zurück, indem sie 1582 aus Lissabon
darum bat, dass Anna doch ihren Ehemann, Kurfürst August von Sachsen, darin bestärken
möge, Marias Sohn, Kaiser Rudolf II., während des Reichstags und insgesamt weiterhin zu
unterstützen, was Anna ihrerseits zusagte167. Beide Seiten nutzten also eine über eher for-
melle Kanzleischreiben und Grußbriefe perpetuierte Beziehung bei gegebenem Anlass als
Möglichkeit, in Angelegenheiten von dynastischem Interesse Einfluss zu nehmen.
Ganz anders stellte sich das Umfeld eines Briefes dar, den Johann Schweikhard von
Kronberg, Kurfürst von Mainz, im Juli 1612, also wenige Wochen nach der Krönung in
Frankfurt am Main, an Kaiserin Anna von Tirol richtete168. Er wünschte ihr darin nicht
nur eine glückliche Reise nach Prag und kündigte an, für die Gesundheit des kaiserlichen
Paares zu beten. Er erinnerte zudem daran, dass er und seine Mitkurfürsten Kaiser Mat-
thias „etliche sachen zu schleuniger administration der justitia“ ans Herz gelegt hätten, was
zweifellos auch geschehen werde:
„Jedoch dieweil es vmb dern etliche also bewandt das nit allein dem gemeinen catholischen
wesen, sondern zu nottwendiger sicherung aller ahm Rheinstrom geseßenen reychs stende
vnnd vnd[er]thonen ahn dern furderlichen expedition mercklich hoch vnd wol gelegen,
Als hab ich bey dieser gelegenheit nit vnderlaßen sollen noch konnen ihre kay. Matt. solche
165 HStAD, Geheimes Archiv, Loc. 8538/9, fol. 39r, 15.08.1570. Die Briefe der Kaiserin sind von
Schreibern verfasst, da sie selbst der deutschen Sprache nur rudimentär mächtig war.
166 HStAD, Geheimes Archiv, Copial 516, fol. 58r/v, 16.05.1572; Loc. 8538/9, fol. 42r–43r, 23.06.1572.
Zu Sidonia siehe Lilienthal, Die Fürstin und die Macht, 183–240.
167 HStAD, Geheimes Archiv Loc. 8534/1, fol. 254r, 3.08.1582; Loc. 8538/9, fol. 22r, 21.08.1582.
168 HHStA, MEA WuK 11, fol. 377r–378v, 12.07.1612.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427