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Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
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GRAF EGBERT BELCREDI – DER „ECHTE“ KONSERVATIVE 25 herrn Baron Arthur Königsbrunn verkehrte. Vor allem im östlichen Teil des Landes, der mährischen Slowakei, stand der Hochadel (Familien wie die Serényi, Stillfried, Seilern und Logothetti) mehrheitlich hinter Belcredi. Al- lerdings fühlten sich die meisten von ihnen mehr dem katholischen Stand- punkt verpflichtet und beobachteten mit Argusaugen alle hussitischen oder deutschfeindlichen Ausfälle. Die Tabors, die Volksversammlungen unter freiem Himmel als machtvolle Demonstration der tschechischen National- bewegung, die Belcredi Bewunderung einflößten, verschreckten viele seiner Standesgenossen und ließen die anfangs ziemlich ausgeglichene Stimmung im Großgrundbesitz zunehmend nach links kippen, hin zur Verfassungspar- tei, die mit den Deutschliberalen ging.53 Vor allem aber wollten viele Adelige in ihrer Opposition gegen den Kai- ser nicht so weit gehen, wie Belcredi und die unbeugsamen Verfechter des böhmischen Staatsrechts es von ihnen verlangten. Sie hielten den Boykott des Reichsrats für widersinnig, weil man sich damit bloß gewisser Einflussmög- lichkeiten begebe. Viele Konservative teilten Belcredis Befürchtungen über die eingeschlagene Richtung der Politik, aber ihre Unzufriedenheit mit dem augenblicklichen Zustand war keine so fundamentale, dass sie große Um- wälzungen ohne Bedenken begrüßt hätten. Eine Politik, die auf den großen Kladderadatsch baute, war ihnen zu riskant.54 Man mochte sich fragen, ob es mit Adelspolitik noch vereinbar war, wenn Belcredi bei den Wahlen des Jah- res 1871 nicht bloß die Hilfe der Regierung in Anspruch nahm, sondern den Druck „gleichzeitig von oben und von unten organisieren“ wollte.55 Damals wollte er durch Bauerndeputationen gezielt Druck auf schwankende Gutsbe- sitzer ausüben, und er sandte seinem Vertrauten, dem Kaplan seines Guts- nachbarn Mittrowsky, eine Liste der Großgrundbesitzer, „denen das Mittel einzugeben wäre“, zwar in „Ton und Melodie nach der betreffenden Persön- lichkeit“56 abgestimmt, aber ganz unverhohlen mit dem Zweck, die betreffen- den Herren einzuschüchtern und zumindest zur Wahlenthaltung zu bewegen. Freilich, nicht allein um konventionelle Politik war es Belcredi zu tun, um den Gewinn von Mehrheiten und die Möglichkeit, den einen oderen an- 53 Seltener handelte es sich um den umgekehrten Fall, wie z. B. bei den Logothettis, Anhän- ger der nationalen Partei, die den Klerikalen misstrauten; vgl. den Brief Anton Ledóchow- skis vom 27.6.1873. 54 Briefe August Fries vom 6./10.7.1873. 55 Brief an Brandl, 25.6.1871. 56 Brief an Hošek, 25.7. u. 16.8.1871. In einem undatierten Brief aus dem Jahre 1871 pole- misierte Felix Vetter von der Lilie gegen die Formulierung Belcredis, „man möge sich zu Gemüte führen, dass man sich in schroffer Opposition gegen den festen Willen der Majori- tät des Volkes, unter welchem man lebt, unliebsamen Verhältnissen und vielleicht sogar Gefahren aussetze.“
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Titel
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Autoren
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Herausgeber
Jiří Malíř
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
1144
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
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