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Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
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LOTHAR HÖBELT32 In der nächsten Legislaturperiode (1885–1891) ging das Engagement Belcredis, inzwischen siebzig Jahre alt, deutlich zurück. Er hatte 1885 mit einem Antreten in den mährischen Landgemeinden kokettiert, zwar nicht kandidiert, sich aber kandidieren lassen – und gegen seinen alten Rivalen aus dem Jahre 1874, Wolfgang Kusý, beinahe, aber doch nur beinahe, ge- wonnen. Stattdessen wurde dem adeligen „Sozialisten“ ein Mandat der böhmischen Fideikommissbesitzer angeboten, des wohl elitärsten Wahlkrei- ses der Monarchie. 1888 wurde er zum Obmann des Gewerbe-Ausschusses gewählt: Doch die zweite Phase der österreichischen Sozialgesetzgebung, mit der Schaffung (vielleicht besser: der Zentralisierung) der Kranken- und Unfallversicherung, die nicht zuletzt die ländlichen Gemeinden entlasten sollte, die bisher für heimatzuständige Invalide aufzukommen hatten, auch wenn sie ihren Lebensunterhalt bis dahin in den Städten verdient hatten, findet in seinem Tagebuch kaum mehr ihren Niederschlag.90 Taaffe steuerte auch mit einer gefestigten Mehrheit im Reichsrat kei- nen eindeutig konservativen Kurs, sondern blieb seiner Politik des „Mi- schmasch“ treu, hielt – wie Belcredi es rückblickend formulierte – bloß den Liberalen die Plätze warm und ließ wertvolle Zeit verstreichen.91 Die Jahre zwischen 1885 und 1888 waren darüber hinaus bestimmt von einem neuerlichen Wetterleuchten im Orient. Eine größere kriegerische Ausei- nandersetzung, die alle europäischen Mächte erfassen könnte, war nicht unbedingt auszuschließen. Doch diese außenpolitischen Gefahrenmomente führten bei Belcredi keineswegs zu patriotischen Aufwallungen, sondern zu für einen alten Offizier bemerkenswerten Ausfällen gegen das „ewige Soldatenspielen“ des Kaisers, die allgemeine Wehrpflicht und den Milita- rismus, der „uns beherrscht und ruiniert“.92 Die Stellung Österreich-Un- garns im Dreibund erinnerte ihn an „den Gekreuzigten zwischen den bei- den Schächern“.93 Belcredi hatte sich stets beklagt, dass der Mangel eines Zentrums in Mäh- ren seine Wirksamkeit einschränkte. Brünn sei eben keine wirkliche Haupt- stadt, wie er sich immer wieder beklagte; dafür sei das „verjudete Wien“ zu nahe.94 Doch auch für den alternden Belcredi selbst rückten zwei eng mitei- 90 Tb. 9.11.1888; vgl. Margarethe grandner, Conservative Social Politics in Austria, 1880– 1890, in: Austrian History Yearbook 27, 1996, 77–107. 91 Tb. 4.6.1887, 13.1.1894. 92 Tb. 16.9.1886, 10.12.1886, 15.9.1891. 93 Tb. 22.7.1888, 8.1.1892. 94 Tb. 11.4. u. 18.6.1887; vgl. Lothar höBelt, Brünn in der deutschen Politik Altösterreichs, in: Lukáš Fasora – Jiří Hanuš – Jiří Malíř (Hg.), Brno Vídni, Vídeň Brnu. Zemské metropole a centrum říše v 19. století. Sborník příspěvků z mezinárodní konference konané ve dnech 22.–23. listopadu 2007 v Brně/Brünn–Wien, Wien–Brünn. Landesmetropolen und Zentrum Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Titel
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Autoren
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Herausgeber
Jiří Malíř
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
1144
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
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