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ANTONÍN OKÁČ – LEBEN UND WERK 49
lag zwar schon im Jahre 1948 fertig vor, aber in Folge der ungünstigen po-
litischen Verhältnisse kam es weder zur Herausgabe noch zur Habilitation.
Das Manuskript herauszugeben gelang Okáč – ähnlich wie im Fall seiner
ersten Monographie – erst mehr als zwanzig Jahre später, nämlich 1970.
Der kommunistische Putsch im Februar 1948 hatte nämlich sehr ungüns-
tige Auswirkungen nicht nur auf seine wissenschaftliche Tätigkeit, sondern
auch auf sein Privatleben. Zuerst wurde mit der Entscheidung des Akti-
onsausschusses der Pädagogischen Fakultät der Masaryk-Universi tät vom
1. März 1948 seine Lehrtätigkeit beendet; im diesbezüglichen Brief wurde
Okáč aufgefordert, sich jeder weiteren Tätigkeit an der Fakultät zu enthal-
ten.35 Im Juni 1951 folgte eine neue Maßnahme der Machthaber, die seine
fachliche Arbeit wie sein Privatleben lange Zeit in Mitleidenschaft zog. Im
Rahmen der Aktion „77 000 Beamte in die Produktion“ erhielt Okáč vom
Nationalkreisausschuss in Brünn eine Anzeige über die Auflösung seines
Arbeitsverhältnisses mit einer Kündigungsfrist bis 30. September 1951, mit
der Begründung, „dass das öffentliche Interesse (die Bildung der Industrie)
eine sinnvollere Verteilung der Arbeitskräfte verlangt“.36 Das hieß, dass der
Archivar „in die Produktion überführt“ und in einem der industriellen Be-
triebe seinen Platz finden würde. Okáč sah sich deshalb noch vor dem Ab-
lauf der Kündigungsfrist selbst um einen neuen Arbeitsplatz um. Weil sein
Gesuch um Versetzung in den Schuldienst am 21. August 1951 abgelehnt
wurde, trat er mit 24. September 1951 als Beifahrer in den Nationalbetrieb
Lacrum in Brünn ein, der Milchprodukte vertrieb. Sein Arbeitsverhältnis
35 AMU, der Brief des Aktionsausschusses der Pädagogischen Fakultät vom 2.3.1948 an
A. Okáč; auch in der Privaten Sammlung der Dokumente von A. Okáč, Mappe „Školství“
[Schulwesen] (im Besitz von Přemysl Okáč, Brünn): „Der Aktionsausschuss der Pädagogi-
schen Fakultät der Masaryk-Universität in Brünn entschied in seiner Sitzung vom 1. März,
Ihnen für Ihre bisherige Tätigkeit zu danken und Ihnen gleichzeitig mitzuteilen, dass Sie sich,
außer der folgenden, aller weiteren Tätigkeit an unserer Fakultät enthalten.“ Aktionsaus-
schüsse entstanden während des kommunistischen Putsches vom Februar 1948 als eigene
Organe ohne jede Rechtsbasis, welche in allen Institutionen, Ämtern, Fabriken, Gemeinden,
Schulen, aber auch in politischen Parteien und Ministerien „die Reinigung des öffentlichen
Lebens von reaktionären Elementen“ durchführten. Sie dienten als ein Druckmittel der KSČ,
ihre politischen Gegner aus verschiedenen Funktionen und Positionen zu beseitigen und den
Kommunisten ergebene Personen einzusetzen. Okáč schrieb das „Verdienst“ um seine Ent-
lassung dem Archäologen PhDr. František Kalousek zu, der Vorstand des Aktionsausschus-
ses an der Fakultät war und mit dem er kurz vorher über die Frage gestritten hatte, ob Stu-
denten der Geschichte ihre Staatsabschlussarbeiten auch aus Archäologie schreiben dürften.
36 MZA, G 212, III. Manipulation, Paket Nr. 554, Akt Nr. 9 (Dr. Antonín Okáč), der Brief
vom Krajský národní výbor [Nationalkreisausschuss] (weiters nur KNV) in Brünn vom
29.6.1951 an A. Okáč. Zu den personellen Säuberungen im Archiv nach dem Jahr 1948 vgl.
Ivan Štarha, Zamlčená historie [Verschwiegene Geschichte], in: Archivní časopis [Archiv-
zeitschrift] 41, 1991, 139–144.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115