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1890912
Lösch, 12. März 1890
Mit Hohenwart über den böhm[ischen] Ausgleich gesprochen, der meinte,
es sei trotz alledem eine Zweiteilung des Landes! Die Rechte kracht in allen
Fugen. Zum Herbst wird Dr. Baernreither2153 Minister und das Ministerium
ganz links sein.
Heute Vormittag Dr. Eicke gesprochen. Es muss energisch gebremst wer-
den, sonst hat das Vat[e]rl[an]d zum Jahresschluss 30 000 fl. Defizit.
Wien, 14. März 1890
Vorgestern brachten die Blätter die in der Schulkommission des Herrenhau-
ses abgegebene Erklärung der Bischöfe. Gott Dank!
Wien, 17. März 1890
Man erzählt hier, Richard sei gegen eine Reform des Volksschulgesetzes,
weil dies jetzt die Aufregung steigere? Hoffentlich Klatsch.
Wien, 20. März 1890
Der große Bismarck ist nun vom Schauplatz abgetreten. Was wird nun der
kleine Kálnoky anfangen, der sich alljährig Losung und Parole in Friedrichs-
ruh abholte? Man sage, was man wolle, aber die Preußen verstanden es im-
mer meisterhaft, die Dinge „von langer Hand“ vorzubereiten, das Ziel unver-
rückt im Auge, die tauglichen Werkzeuge zu schaffen. Daher die Erfolge.
In jüngster Zeit während der Heilung meines Armes fand ich in meiner
Bibliothek eine Standliste der k[öniglich] preuß[ischen] Armee von 1804, da-
rin „adelige“ Kadettencorps, Akademien und dgl. für nachgeborene Söhne
des Adels.
Daraus erwuchsen ein Offizierskorps und Staatsdiener, die nirgends ih-
resgleichen haben. Und bei uns? Die Regenten waren immer solche, welche
den Adel nicht verstanden oder doch nichts mit ihm anzufangen wussten
oder sogar Feinde desselben.
Man zog ihn an den Hof, gab ihm leere Kämmerer- und andre Titel, ent-
fremdete ihn seinen Gütern und Standespflichten, machte Hoflakaien aus
ihm, schuf einen zahllosen Briefadel und brachte den wahren alten Adel zum
2153 Joseph Maria Baernreither (1845–1925), MöAH (1885–1907), MöHH (1907–1918),
Handelsminister im Kabinett Thun 1898, Minister ohne Portefeuille im Kabinett Clam
1916/17, sah die Rolle des verfassungstreuen GGB in der Funktion einer Mittelpartei,
im Einzelnen taktisch sehr flexibel, mit weit gespannten Interessen von der Sozial- bis
zur Außenpolitik, beruhte seine Stellung nicht zuletzt auf seiner engen Verbindung mit
Fürst Max Egon Fürstenberg; vgl. Harald BachMann, Joseph Maria Baernreither, Neu-
stadt/Aisch 1977; Oskar von Mitis (Hg.), Fragmente eines politischen Tagebuchs, Wien
1939.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115