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LÖSCH, 12. APRIL 1891 957
Nur für Leckerbissen aus Paris betrug die Jahresausgabe 6 000 fl.!
Kein Programm lässt sich immer, d. h. zu jeder Zeit, ganz und in allen
Punkten ausführen und zur Geltung bringen. Hier tritt die Opportunität in
ihr Recht.
Deshalb habe ich in Wien der Redaktion des Vat[er]l[an]d verordnet, vor-
züglich die Sozialreform und die konfessionelle Schule zu bearbeiten.
Schon im J[ahre] 1882 drängte ich mündlich und schriftlich zu einer Orga-
nisation der Katholiken. Vergeblich! Jetzt nach 11 Jahren dringen in Mäh-
ren und Böhmen alle kat[holischen] Blätter darauf.
Lösch, 7. April 1891
Ehren-Taaffe hat wieder herrliche, ihn charakterisierende Ernennungen ins
Herrenhaus fertig gebracht.2244
Nicht einmal Rieger!
Erbliche – aus Gründen – gar keinen.
Lösch, 12. April 1891
Als ich vor Jahren Taine über die Französische Revolution las, wunderte ich
mich über die Blindheit der Regenten und Regierungen, welche regungslos
zusahen, wie diese Schritt nach Schritt langsam, aber offen und ungehindert
vorbereitet wurde.
Jetzt ist es ebenso, ja noch ärger,
Monarchen, die an keine Krönung denken und keine Eide der treuen Ach-
tung der Rechte ihrer Völker schwören, und keine Völker, welche in der Hul-
digung sich zu Treue und Gehorsam gegen ihre Könige verpflichten! Und
faselt man von beschworener Untertanentreue.
Was Wunder, dass der Liberalismus allgemach alle Bande lösen, Irreligio-
sität und Korruption sich immer mehr verbreiten, Staats- und Privatrecht
untergraben, die Sicherheit von Besitz und Eigentum gefährden, die sozialen
Grundlagen auflösen konnte. Verarmung immer weiterer Kreise sowie allge-
meine Unzufriedenheit sind, allgemein verbreitet, die Folge.
Wir leben auf einem Vulkan, dessen Eruption sicher, [deren] Zeitpunkt
aber nur Gott kennt. Der daraus entstehende Weltbrand wird die Könige
samt ihren „Staatsmännern“, aber noch weit Wertvolleres zu Asche verbren-
nen.
2244 Unter den 18 neu ernannten Herrenhausmitgliedern auf Lebenszeit befanden sich aus
Mähren Abt Benedikt Korčian und Graf Felix Vetter von der Lilie; aus Böhmen Josef
Hlávka und Adalbert von Lanna; Belcredi wenig genehm waren zweifellos Pairs wie der
Präsident der Börsenkammer, Vinzenz Miller von Aichholz, oder der Generaldirektor der
Karl-Ludwig-Bahn (und überzeugte Freihändler), Baron Eduard Sochor von Friedrichsthal.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115