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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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4. Parteipolitische Konfliktszenen 99 4. Parteipolitische Konfliktszenen „Abwärts geht’s von selbst“ (Grillparzer über Österreich) Bürokratisches Handeln in einem ideologiefreien Raum der „reinen Staatsidee“, wie der Kaiser dies wünschte, erwies sich im Laufe der Jahre zunehmend als un- möglich: Der Sog der neuen politischen und nationalen Bewegungen war zu stark, wobei die beiden Strömungen (mit ganz wenigen Ausnahmen) gekoppelt waren, da sich die Parteien der nationalen Bewegungen annahmen. Die Beamten waren aber von Beginn des Verfassungsstaates an (wie könnte es auch anders sein?) von der politischen Färbung der jeweiligen Regierung abhän- gig. Parteipolitische Agitationen der Bürokratie, erst recht der hohen Beamten, wurden von Anfang an, wie wir gesehen haben, von Kaiser und Regierung nicht geduldet. Die erste Regierung, die mit einer parlamentarischen Vertretung kon- frontiert war, unter der Ministerpräsidentschaft Erzherzog Rainers und Staats- minister Schmerlings, wurde – wir erinnern uns – nur aus Beamten gebildet, die mehr oder weniger liberal eingestellt waren. Der „Beamtenkörper“ galt weiter- hin und noch bis in die 1880er-Jahre einer liberalen Geisteshaltung verpflichtet,35 eine politische Tatsache, die dem Kaiser nicht allzu große Freude bereitet ha- ben dürfte. Auch konservative Regierungen taten sich damit nicht leicht. Als in den 1860er-Jahren unter dem konservativen Ministerpräsidenten Belcredi eine Regierung gebildet wurde, erfolgten die bereits zitierten Aufrufe, die, diktiert wahrscheinlich von Angst vor beamteten Alleingängen, an die Verpflichtung der Beamten zur Loyalität gegenüber Staat und Regierung erinnerten.36 Kurz vor dem Erlass der Dezemberverfassung, zu Beginn des Jahres 1867, versuchte der neu ernannte Statthalter von Oberösterreich, Eduard Graf Taaffe, in seiner An- sprache an die Beamten anlässlich seines Amtsantrittes dem etwaigen Einfluss politischer Parteien vorzubeugen und mahnte, dass Behörden und Beamte „über den politischen Parteien, deren es im konstitutionellen Staat gibt und geben 35 PETER URBANITSCH, Vom „Fürstendiener“ zum „politischen Beamten“. Die Beamten- schaft in der Habsburgermonarchie im 19. Jahrhundert (bis 1914/18). In: Governo Rappresen- tativo e dirigenze amministrative (secoli XIX–XX). Repräsentative Regierung und führende Beamte (19. und 20. Jahrhundert), hg. von Anna Gianna Manca, Fabio Rugge (Bologna/Berlin 2008), S. 154. 36 Siehe Kapitel „Staatsdiener – Staatsbürger“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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