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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 184 waren), verblassten allerdings gegenüber den Rangunterschieden und, so können wir der Memoirenliteratur entnehmen, prägten das Alltagsleben im Amt und die Zusammenarbeit unter der Beamtenschaft weit weniger, als dies die Nationalitä- tengeschichtsschreibung im Allgemeinen wahrhaben wollte.308 Das Beamtenethos verbot, dass nationale Differenzen offen ausgetragen wurden. Das blieb den Abge- ordneten des Reichsrats überlassen. Obwohl das Amt vom Privatleben streng getrennt wurde, gab es doch einige Überschneidungen, die vom Amt bestimmt waren und die auch im privaten Alltag eingehalten zu werden hatten. Für die verheirateten Beamten gehörte es vor allem in den Hauptstädten der Königreiche und Länder zum guten Ton, am Sonntag zwischen elf und zwölf Uhr mit ihren Ehefrauen Besuche in den „Be- amtenhäusern“ zu machen. Gegen Ende der Epoche der Monarchie wurde frei- lich besonders an der Peripherie des Reiches die strenge Etikette aufgeweicht.309 Manchmal, so entnehmen wir den zeitgenössischen Berichten, entwickelten sich auch freundschaftliche Beziehungen unter den Beamten (selbstverständlich auf der gleichen Stufe) und man traf sich in Gasthäusern, besonders an den Rändern des Reiches, wie in Bosnien, wo der adäquate gesellschaftliche Umgang etwas be- schränkt und die Regeln lockerer waren.310 Arbeitszeit und Amtsräume Seit Ende des 18. Jahrhunderts betrug die Arbeitszeit sechs Stunden, aus heutiger Sicht eine wohl nicht allzu drückende Last für die Bürokratie, gegen die Jahr- hundertwende wurde sie auf die heute üblichen acht Stunden ausgedehnt. Wie diese Amtsstunden angeordnet wurden, dürfte weitgehend vom jeweiligen Amts- vorstand bestimmt worden sein – und je höher der Rang, desto unabhängiger war man. Sehr oft waren die Amtsstunden geteilt, vormittags von 9 bis 12 Uhr, nachmittags von 15 bis 18 Uhr, später von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, damit genügend Zeit zum Mittagessen am Familientisch verblieb.311 Doch in vie- len Ämtern setzte sich die kontinuierliche Arbeitszeit durch. Der Sektionschef im Finanzministerium Gustav Höfken berichtet uns von einer Arbeitszeit in den 1850er- und 1860er-Jahren von 8 bis 15 Uhr, in der er diese durch ein frugales 308 Siehe auch Kapitel „Nationale Illustrationen“. 309 Für Wien KLEINWAECHTER, Der fröhliche Präsidialist, S. 29 f.; EHRHART, Im Dienste, S.  66; für die Provinz BAŠE. In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 230. 310 BAŠE. In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 229. 311 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 246–252; EHRHART, Im Dienste, S. 66.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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