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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 160 Druck auf die Bevölkerung auszuüben, den vom Bezirkshauptmann „empfohle- nen“ Kandidaten (so Kleinwaechter) zu wählen. Angeblich wurde davon gerade in Galizien heftiger Gebrauch gemacht.236 Die Beispiele beweisen: Die sich des Öfteren selbst zu ohnmächtigen, zu rein exekutierenden Figuren stilisierenden Beamten waren bei Weitem nicht so ohnmächtig, wie sie vorgaben. Die klugen Beamten wussten um ihre Macht und spielten – meist im Hintergrund – virtuos auf dem Klavier der Herrschaft. Erich Graf Kielmannsegg, der eine prinzipielle Reform der Bürokratie ins Auge gefasst hatte, entwarf als Erstes Anfang 1906 eine Kanzleiordnung, die im Grund bereits einer kleinen Verwaltungsreform gleich- kam.237 Er konnte diese zwar wegen des zähen Widerstands der anderen Minister nur im eigenen Ministerium durchsetzen (sie sollte jedoch später eine weitrei- chende Bedeutung erfahren). Der Kampf darum zeichnet Kielmannsegg als Mus- terbeispiel eines sich der eigenen Macht und der Macht der Behörde bewussten Beamten. Auch seine widerspenstigen Kollegen besaßen ein ähnliches Format. 10. Generationenkonflikte um 1900 „Die offene Zukunft enthält unabsehbare und moralisch gänzlich verschiedene Möglichkeiten.“ (Karl Popper) Um 1900 fand ein Generationswechsel statt. Die Ablöse wurde im Altersdurch- schnitt deutlich spürbar. Fast 60 % der Konzeptbeamten und fast ein Drittel der Kanzlei- und Rechnungsbeamten traten nach der Jahrhundertwende neu in den Staatsdienst ein.238 Und diese junge Generation verfügte augenscheinlich über ein neues Selbstbewusstsein, über neue Vorstellungen und über eine neue Kampfes- lust, die so manchem altgedienten Beamten zu viel wurde. Ernest von Koerber beklagte, dass er als junger Beamter seinen Sektionschef „nicht zweimal im Jahr gesehen [habe], jetzt aber konspirierten schon die jüngsten Konzipisten mit oder gegen den ältesten Sektionschef“.239 Übertrieb Koerber? Der junge begabte Josef Redlich hatte sich bereits 1895 der „Elitegesellschaft dieser radikalen Jugend“ an- 236 KLEINWAECHTER, Der fröhliche Präsidialist, S. 50 ff. 237 GOLDINGER, Einleitung zu KIELMANSEGG, Kaiserhaus, Staatsmänner, S. 11 f. 238 MEGNER, Beamte, S. 347. 239 REDLICH, Schicksalsjahre Österreichs 1, Tagebücher, 5. November 1909, S. 262.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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