Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Page - 147 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 147 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Image of the Page - 147 -

Image of the Page - 147 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Text of the Page - 147 -

8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst „Das Thema ist ärgerlich, besonders für die Frauen; außerdem ist es nicht neu.“ (Simone de Beauvoir, 1949) Frauen im Staatsdienst, seit den späten 1860er-Jahren ein neues Phänomen, zähl- ten absolut nicht zu den bürokratischen Eliten, sondern sind ganz im Gegenteil ein Kontrapunkt zu diesen. Seit es den Staatsdienst in den Ländern der Habsburgermonarchie gab, war er ausschließlich männlich besetzt. Doch seit den 1860er-Jahren wendete sich langsam das Blatt. Der Staat war (seit 1869) offenbar genötigt, auch Frauen in seine Dienste zu nehmen. Dies lag nicht an der Überzeugung der staatlichen Vertreter von weiblichen Qualitäten, sondern an den sozialen Instabilitäten, die zunehmend alle bürgerlichen Schichten inklusive der Frauen betrafen: Viele ver- armten und die Töchter wären ohne Beruf den Familien oder dem Staat zur Last gefallen.195 Durch die demografische Entwicklung, die Frauen begünstigte, blieb zudem vielen bürgerlichen Frauen das traditionelle Versorgungsinstitut der Ehe verschlossen. Daher waren sie gezwungen, bezahlte Arbeit anzunehmen. Dafür kamen nach dem bürgerlichen Standeskodex nur die Berufe der Gouvernante oder Lehrerin infrage. Dieser Broterwerb blieb allerdings Töchtern der sogenann- ten Subalternbeamten verwehrt, da sie dafür nicht genügend ausgebildet waren. Die zur Berufsarbeit gezwungenen Frauen wurden freilich lange nicht in den klassischen Verwaltungszweigen, sondern in den neuen Diensten angestellt,196 zu- nächst hauptsächlich im „nichtärarischen“ Postdienst, das heißt in Postämtern, die in Erbpacht weitergegeben wurden und nicht mit einem beamteten Postmeis- ter besetzt waren. Dem folgte 1871 der ärarische Telegrafendienst mit der Auf- nahme von 36 ersten Frauen. Gedacht waren diese Ämter zunächst für die Töchter 195 Siehe dazu und zum Folgenden WALTRAUD HEINDL, Geschlechterbilder und Geschlech- terrollen. Ideologie und Realitäten. In: Die Habsburgermonarchie 1848–1918, IX: Soziale Struk- turen, Teilband 1: Lebens- und Arbeitswelten in der industriellen Revolution, hg. von Helmut Rumpler und Peter Urbanitsch, Redaktion Ulrike Harmat (Wien 2010), S. 701–741. 196 HAFNER, Der sozio-ökonomische Wandel, S. 58–62; genaue Beschreibung der Situation der Frauen in den einzelnen Sparten bei HANS NAWIASK�, Die Frauen im Staatsdienst (= Wiener staatswissenschaftliche Studien 4. 1, Wien/Leipzig 1902): Postdienste: S. 25–77, Postsparkasse, Statistik und andere Dienste: S. 157–173, Staatsbahnen: S. 156 ff., niederösterreichische Statthal- terei: S. 167, Polizei: S. 168; privater telegraphischer Dienst und Privatbahnen: S. 174–206.
back to the  book Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich"
Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Josephinische Mandarine