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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 198 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital Auch kulturelle Güter unterliegen einer Ökonomie, doch verfügt diese über eine eigene Logik. (Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede) Amtsroutine im Privatleben? Gemäß der arbeitsteiligen Doktrin des 19. Jahrhunderts waren Amts- und Privat- leben streng voneinander getrennt. Dazu gehörten selbstverständlich die Separierung der amtlichen und privaten Finanzgeschäfte sowie die von Wohnung und Amt. Für Max Weber war diese Trennung von Amts- und Privatleben eines der wichtigsten Merkmale einer modernen Bürokratie.345 Die Zeit, in der Hofräte in ihren Woh- nungen, die ihnen als Dienstwohnungen zugeteilt waren, „Amt gehalten“, das heißt Akten und Parteienverkehr erledigt hatten, war gar nicht so lang her. Joseph II. erst drängte auf die strikte Aufteilung, und gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren solche Vermischungen verpönt. Das heißt aber nicht, dass Beamte selbst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht auch noch in den Genuss der beliebten Dienst- wohnungen kommen konnten,346 allerdings nicht mehr, um dort zu amtieren. In der Realität des Lebens war jedoch Privates und Dienstliches wie auch heute eng miteinander verbunden. Das Privatleben hing einerseits stark von den beruf- lichen Implikationen wie Einkommen, soziales Ansehen und Prestige ab, anderer- seits färbten der Status im Amt und die mit ihm verbundenen Verhaltensformen, ethischen Anschauungen und Tugenden wesentlich das Privatleben. So forderte das Beamtenethos im Amtsleben Pünktlichkeit, Genauigkeit, die strikte Einhaltung von Kompetenzen, Fleiß, Respekt vor der Hierarchie im All- gemeinen und dem jeweiligen Vorgesetzten im Besonderen, zu allererst Loyalität gegenüber Kaiser und Staat. Dies kann auf eine empfindliche Beamtenseele nicht ohne nachhaltigen Einfluss geblieben sein, und so wirkte das Denken in gesicher- ten Zeitabläufen, vorhersehbaren Karrieren in so manchen Beamtenfamilien wei- ter und die amtliche Routine sowie die Beamtentugenden spiegeln sich häufig im Privatleben der Beamten wieder. Die Mittelschullehrerin für Geschichte Ludmila Matiegková (geboren 1889) schildert den Haushalt ihres Großvaters (geboren um 1830), der aus einer alten tschechischen Beamtendynastie stammte und selbst die 345 Siehe HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 351 f. 346 Siehe Kapitel „Bürgerlicher Lebensstandard“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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