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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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VII. Josephinismus und Moderne um 1900 260 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? „Deine Werke sind mehr als du. Und ich fürchte, das sollten sie nicht.“ (Hermann Bahr, Dialog vom Marsyas) Obwohl der von Leslie Bodi skizzierte Kampf zwischen „bürokratischer Ratio- nalisierung und traditionellen Glaubens- und Lebensformen“ um die Jahrhun- dertwende zugunsten der bürokratischen Rationalisierung entschieden war, spiel- ten Konfessionsfragen im Staatsdienst noch immer eine Rolle. „Andersgläubige“ waren im Dienst der katholischen Monarchie Österreich traditionell nicht gerne gesehen. Zwar stand, wie bereits mehrfach erwähnt, der Staatsdienst seit der De- zemberverfassung von 1867 allen Staatsbürgern offen, aber bezüglich des religiö- sen Bekenntnisses gab es deutlich hierarchische Abstufungen. Protestanten waren nicht gerade willkommen, aber als Christen willkommener als Juden. Der bereits mehrfach erwähnte Erich Graf Kielmansegg aus Hannover war protestantisch, er zählte zu den geachteten und gefürchteten Eliten, aber doch zu den Außenseitern im typisch österreichischen Amtsbetrieb.539 Trotzdem passte er gemäß der oben beschriebenen Definition perfekt in die österreichische josephinische Bürokratie durch seine hohe Auffassung vom Amt, durch korrekte Pflichterfüllung und den Primat des Beamtenethos als Leitmotiv im Beamtenleben. Die „Toleranz“, die Juden bereits seit Joseph II. gewährt war, hatte sich trotz des in der Verfassung von 1867 verankerten Gleichheitsprinzips aller Staatsbür- ger im Staatsdienst immer noch nicht durchgesetzt. Obwohl Juden nun der Zu- gang zu allen Ämtern theoretisch offen stand, waren Angehörige des jüdischen Glaubens im Staatsdienst nur gering vertreten. Die Volkszählung weist unter der Rubrik „Öffentlicher Dienst und freie Berufe“ zusammen 13.038 männliche und 11.950 weibliche selbstständige Juden, dagegen nur 1.045 männliche und 69 weibliche Juden als Unselbstständige aus.540 Die letztgenannten Zahlen dürften mehrheitlich Beamte, Richter, Lehrer und Lehrerinnen eingeschlossen haben. Die Zahl war also sehr gering. Wie viele Juden konvertierten, um in den Staatsdienst eintreten zu können, wissen wir nicht. Im Jahr 1910 schieden 510 Juden aus den 539 GOLDINGER, Einleitung zu KIELMANSEGG, Kaiserhaus, Staatsmänner, S. 8–11 und 16. 540 Zit. nach LEO GOLDHAMMER, Die Juden Wiens – Eine statistische Studie (Wien und Leipzig 1927), S. 50
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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