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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 200 Selbstverständlich war es auch in der übrigen Lebenshaltung das Arbeitskorsett des Hausherrn, das die Gestaltung des täglichen Familienlebens, die Essenszei- ten, Abendgestaltung, die kulturellen Aktivitäten, Freizeitgewohnheiten sowie die jährliche Routine des Reisens, Kurens, der Sommerurlaube bestimmte. Dieses Ar- beitskorsett war seinerseits bestimmt von der Arbeitszeit im Amt, und diese hing wiederum weitgehend vom Amtsleiter ab, vom Arbeitsanfall, von der Arbeitsweise der Kollegen und des Vorgesetzten. Sie unterschieden sich jeweils ein wenig von- einander, doch das Prinzip der Abhängigkeit des privaten vom dienstlichen Leben blieb gleicherweise für alle bestehen. Einem autonomen Leben war in Beamtenfa- milien unter diesen Umständen wenig Spielraum gegeben. Bürgerlicher Lebensstandard? Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen Der Rang, das Einkommen und das Sozialprestige des Amtes bestimmten, wie er- wähnt, den Lebensstandard und die Möglichkeiten des Lebensstils eines Beamten und seiner Familie. Wie ebenfalls erörtert, war die Besoldung der Staatsdiener seit den 1870er-Jahren weitgehend verbessert worden. Die tatsächlichen finanziellen Korrekturen betrafen jedoch hauptsächlich die niederen Beamten, die finanziellen Bedingungen, unter denen die höheren Beamten lebten, waren immer noch bei Weitem nicht optimal.352 Wie immer auch die Einkommensverhältnisse in den verschiedenen Beamten- familien lagen, auf das gemeinsame Essen am „gemeinsamen Tische“ als Ausdruck des familialen Zusammenhalts wurde höchster Wert gelegt. Denn der „gemein- same Tisch“ diente nicht nur der Nahrungsaufnahme, sondern war Symbol für den privaten Bereich, für die Familie schlechthin. Daher entwickelten sich be- sondere, immer gleiche Rituale der Speisenfolge, Sitzordnung, des Vorlegens der Speisen durch Hausherrn oder Hausfrau, so wie auch der tägliche Speiseplan all- wöchentlich wiederholt wurde. Ebenso kam dem Kult des nach einer bestimmten Familiensitte gedeckten Tisches eine besondere Bedeutung zu. Robert Musil schil- dert in seinem „Mann ohne Eigenschaften“ den Tisch des Pädagogen Lindner, eines Beamten besonderer Art. Die Empfindungen des Sohnes angesichts des Ti- sches, der nach einem immer gleichbleibenden Muster gedeckt wurde, enthüllen dessen zivilisatorisches und disziplinierendes Potenzial: „Der Tisch war gedeckt; die Teller je drei vor jedem der beiden Plätze aufgestellt, sahen ihn mit dem run- den Blick des Vorwurfs an; die Messerbänke aus Glas, auf denen Messer, Löffel 352 Siehe Kapitel „Ökonomische und soziale Verhältnisse“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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