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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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26 I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Meinungen preiszugeben. Der Rest ist Schweigen und die Reproduktion standar- disierter, klischeehafter Muster! Doch was ist in den Mitteilungen Dichtung, was Wahrheit? Was und warum wurde vergessen, verdrängt, bewusst gelogen? Jedenfalls produzierten die Beamten mit ihren Erinnerungen weitgehend ihr eigenes Selbstbild, das naturgemäß von vielen Stärken und wenig Schwächen, von vielem für sie Vorteilhaftem und wenig Nachteiligem spricht. Dafür müssen wir ihnen dankbar sein. Denn sie schufen damit eine zweite Realität: einen Mythos, der ebenso nachhaltig wirkt wie die vergangenen Realitäten.13 Denn Literatur und Film waren von diesem Selbstbild fasziniert, sie reproduzierten und versahen so die Bürokratie Cisleithaniens aus- giebig mit höheren Weihen, indem sie entweder skurrile, leicht dümmliche (doch liebenswerte) Beamtentypen oder den korrekten, vielleicht ein wenig leblosen, doch bis zum Tod tugendsamen Beamten der franzisko-josephinischen Zeit kre- ierten.14 Sie haben dabei freilich so manches Mal das Ideal mit der Realität der Beamtenexistenzen verwechselt und damit den Typus des „Beamten-Helden“ ins Leben gerufen, der das Bild der Bürokratie der Monarchie bis heute prägt. Man vergaß darüber, dass die Staatsdiener wegen so mancher Unzulänglichkeiten von Zeitgenossen heftig kritisiert worden waren. Doch auch die Beobachtung dieser zwei Realitäten – Mythos und Wahrheit der Bürokratie –, die Feststellung der Kongruenz oder der Widersprüche ist faszi- nierend. Es öffnet sich eine Tür nach der anderen, Säle, die man durchschreiten, Inszenierungen, die man beobachten muss. 3. Definitionen, Details und Daten „Ja, das ist ein Beruf für Österreicher, was man als Beamter nur für Beziehungen bekommt und wie sich alle Welt um einen Beamten reißt!“ (Otto Friedländer) Otto Friedländer (1889–1963), kein Staatsbeamter, aber ein Beamter der Wiener Handelskammer der Ersten Republik, liefert uns dieses typische Beispiel einer rückblickend enthusiastischen – wenn auch ironischen – Charakterisierung der 13 ROLAND BARTHES, Mythen des Alltags (Frankfurt am Main 1983). 14 Kritisch zur Literatur neuerdings die Analyse von SABINE ZELGER, Das ist alles viel kompli- zierter, Herr Sektionschef! Bürokratie – literarische Reflexionen aus Österreich (= Literatur und Leben, Neue Folge, 75, Wien/Köln/Weimar 2009).
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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