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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 170 galt auch der kleine Beamte eher als (gut-)bürgerlich als in der Stadt oder gar in der Großstadt, wo es viele reiche und gebildete Großbürger gab. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung „Das Amt“, die feinsäuberliche Einteilung in Rang- und Gehaltsklassen, die Aus- bildung, Bildung, Karriere, Anciennität sowie Herkunft waren die wichtigsten Kriterien, die die Position im beruflichen wie auch im privaten Leben bestimm- ten. Das hervorragende und zugleich einfachste Mittel in diesem vornehm abschat- tierten Komplex der sozialen Distinktion im beamteten Leben war – worauf das obige Zitat Friedländers hinweist – die Bildung. Seit 1800 war die Vorbedingung für die Aufnahme in den höheren Dienst, den Konzeptdienst, die Absolvierung eines Studiums, vorzugsweise an der juridischen Fakultät.265 Da die Ausbildung an den Universitäten – zumindest in der Theorie – allen sozialen Gruppen offen- stand, war die Bildung wie bereits in früheren Zeiten266 auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie übrigens auch im 20. Jahrhundert ein Mittel des bürger- lichen Aufstiegs, und nicht selten kamen auch hohe Beamte aus nicht begüter- ten oder gebildeten Schichten – ein Umstand, der die Differenzierung unter den Bürokraten auch nach der Herkunftsfamilie förderte. Die Frage, ob und in wel- cher Weise die Stätten der Ausbildung, Gymnasium und Universität, die Beamten in ihrer geistigen Orientierung prägten, ist ein wichtiges Thema, das in einem späteren Zusammenhang zu diskutieren sein wird.267 Beamte, die kein Studium vorweisen konnten, wurden mehr oder weniger als Kanzleibeamte angesehen. Im Übrigen spielte in der bürokratischen Hierarchie die Differenz Oberbehörde – Unterbehörde eine große Rolle. Ein Finanzlandesdirektor in einer Provinzhaupt- stadt musste sich unter Umständen gegenüber einem jungen Konzipisten im Prä- sidium des Finanzministeriums, der im Rang weit unter ihm stand, demütigen Ritualen unterwerfen, wollte er vorgelassen werden.268 Söhne aus nicht wohlhabenden Verhältnissen profitierten vom Studium. Wie sehr sie dadurch zu Ehren – wenn auch nicht zu hohem Einkommen – kamen, zeigt geradezu bildhaft der Aufstieg der Vorfahren des Ministerpräsidenten Max 265 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 43 ff. 266 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 196 f. 267 Siehe Kapitel „Typisch josephinische Beamteneliten“. 268 Ein solcher Fall wird von KLEINWAECHTER, Der fröhliche Präsidialist, S. 34 f., geschildert.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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