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30 | Kommunen im Klimawandel
passende Programme und Regierungstechnologien hervorbringt, abzuleiten. Proble-
matisierungen, wie auch Rationalitäten, Programme und Technologien, entspringen
vielmehr einem Zusammenspiel von Sprach-, Denk- und Wissensformen sowie
Techniken, Analyse- und Bewertungsinstrumenten. Damit sind alle vier Analyseka-
tegorien – Problematisierungen, Rationalitäten, Programme und Technologien – so-
wohl Teil von als auch konstitutiv für ein spezielles Praxisregime3, das ein System
von Ideen, Standards, Diskursen und Praktiken bildet und für die beteiligten Akteure
verständlich und plausibel ist (Dean 1999).
Problematisierung bedeutet dabei nicht die beschreibende Darstellung eines be-
reits existierenden Objekts. Ebenso wenig wird durch diesen Prozess ein nicht exis-
tierendes Objekt diskursiv erst erschaffen. Die Gesamtheit der diskursiven und nicht-
diskursiven Praktiken lässt vielmehr ein Problem „[…] ins Spiel des Wahren und des
Falschen eintreten und konstituiert es als Objekt für das Denken“ (Foucault 2005a:
826). Das heißt, Problematisierungen bilden Probleme nicht einfach ab. Für ein und
dasselbe Problem kann es verschiedene und sogar widersprüchliche Lösungen geben.
Foucault (2005b: 732) beschreibt diesen diffusen Charakter von Problematisierungen
wie folgt:
„In Wirklichkeit muss, damit ein Handlungsbereich und ein Verhalten ins Feld des Denkens
eintritt, eine gewisse Anzahl von Faktoren ihn oder es unsicher gemacht, ihm seine Vertrautheit
genommen oder in dessen Umfeld eine gewisse Anzahl von Schwierigkeiten hervorgerufen
haben. Diese Elemente unterliegen sozialen, ökonomischen oder politischen Prozessen. Aber
sie spielen darin nur eine Rolle als Hinweis. Sie können existieren und ihre Aktionen über eine
sehr lange Zeit hinweg ausüben, bevor es zu einer wirklichen Problematisierung durch das
Denken kommt. Und wenn diese eintritt, nimmt sie nicht eine einzige Form an, die das direkte
Ergebnis oder der notwendige Ausdruck dieser Schwierigkeiten wäre; sie ist eine oft vielge-
staltige, mitunter sogar in ihren verschiedenen Aspekten widersprüchliche, eigentümliche oder
spezifische Antwort auf diese Schwierigkeiten, die für sie durch eine Situation oder einen Kon-
text definiert sind und die einer möglichen Frage gleich gelten.“
Eine Problematisierung stellt somit stets einen individuellen Antwortversuch dar;
eine mögliche Lösung für ein Problem, für das es weitere, alternative Problembear-
beitungsmechanismen geben kann, die von den vorherrschenden Regierungsrationa-
litäten innerhalb des Praxisregimes jedoch verdeckt werden. Das Konzept der Prob-
lematisierung kann dabei aufzeigen, dass bestimmte Probleme, die als naturgegeben
und objektiv erscheinen, in Wirklichkeit als Effekt historischer Prozesse, Praktiken
3 Als Praxisregime wird das relativ organisierte und systematisierte Vorgehen – die Regie-
rungsweise – innerhalb eines bestimmten Handlungsfeldes bezeichnet.
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315