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Kommunen im Klimawandel | 37
durch welche Arten der Visualisierung – Klimawandel durch den IPCC kommuni-
ziert und wie damit wissenschaftliche Erkenntnis politisch mobilisiert wird. Die Do-
minanz einer roten Farbgebung etwa (Abbildungen 3 und 4) symbolisiert den Klima-
wandel als Bedrohung; als Hauptindikator dienen dabei stets die Temperatur(-ände-
rung) oder die CO2-Konzentrationen, wodurch suggeriert wird, dass sich Klimawan-
del messen und darstellen lässt.
„The negotiation of scientific credibility and political relevance is thus immanent to the pro-
duction, framing – colouring, even – of knowledge in the textual networks of IPCC report prep-
aration.“ (Mahony 2015: 164)
Abbildung 5 hingegen zeigt die klassischen Emissionsszenarien und symbolisiert ei-
nerseits die große Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Entwicklung, andererseits
hebt sie gleichzeitig die Wichtigkeit politischen Handelns hervor, das die zukünftige
Entwicklung durch Maßnahmen der Emissionsminderung nachhaltig beeinflussen
könne. Die Ungenauigkeiten in allen Abbildungen wie auch die Farbverläufe in Ab-
bildung 4 lassen hingegen Spielraum für unterschiedliche Interpretationen.
Aufgrund des ersten IPCC-Berichts von 1990 wurde auf dem Erdgipfel 1992 in
Rio de Janeiro die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) verabschiedet. Diese besagt,
„dass die internationale Gemeinschaft Anstrengungen unternehmen soll, um eine für
den Menschen gefährliche Klimaveränderung zu verhindern“ (Neu 2011: 1198). Kli-
mawandel wird durch die UNFCCC als Veränderung des Klimas definiert, die „direkt
oder indirekt auf menschliche Aktivitäten zurückgeführt wird und die die Zusam-
mensetzung der globalen Atmosphäre verändert und die zusätzlich zur natürlichen
Klimavariabilität über vergleichbare Zeiträume beobachtet wird“ (United Nations
1992, Übersetzung der Autorin). Diese Entwicklung und Entstehung neuer Instituti-
onen verdeutlichen die starke Verzahnung von Wissenschaft, Wahrheit und Macht in
der Klimapolitik. Stripple und Bulkeley (2014a: 3) betonen dabei, dass „[…] scien-
tific advice was expected to provide ‚truth‘ for ‚power‘, climate change became re-
garded as a transboundary scientific problem that required an international solution.“
Der zweite IPCC-Bericht verkündete dann, man sei erstmals in der Lage, einen
erkennbaren menschlichen Einfluss auf das Weltklima zu beweisen (IPCC 1995).
Auch der Diskurs über die Anpassung an den Klimawandel, der in den frühen 1980er
Jahren wurzelt, wurde erst 2001 mit Adressierung durch den dritten IPCC-Bericht
(IPCC 2001) zu einem politischen Thema (Oels 2013).
Statt die Arbeit und die Ergebnisse der Klimawissenschaft als losgelöste Refle-
xion der „Wirklichkeit“ zu verstehen, hilft eine Gouvernementalitätsperspektive da-
bei, die Klimawissenschaft als sozial eingebettete Praxis zu betrachten, die eng mit
Regierung und Macht verwoben ist. Fasst man Regierung als Erkenntnisdomäne,
dann sind die Wissensformen, die die zu regierenden Objekte und Phänomene wie
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315