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40 | Kommunen im Klimawandel
Einsetzung der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“
und 1990 zum Grundsatzbeschluss der deutschen Bundesregierung zur 25-prozenti-
gen CO2-Emissionsreduktion bis zum Jahr 2005 (Basisjahr 1987) (Deutscher Bun-
destag 1991). Zur selben Zeit Anfang der 1990er reagieren erste Vorreiterkommunen
wie Frankfurt am Main, Hannover, Freiburg und Heidelberg auf den nationalen Be-
schluss: Sie setzen sich eigene Klimaziele, gründen kommunale Energieagenturen
und treten transnationalen Städtenetzwerken wie dem Klima-Bündnis oder Energy
Cities bei, die sich in diesem Zeitraum gründen (vgl. Tabelle 1). Heute sind etwa 500
deutsche Kommunen Mitglied eines solchen städtischen Klimaschutznetzwerks
(TMN). Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung in Gegen-
den lebt, in denen die lokale Regierung für den kommunalen Klimaschutz engagiert
(Busch 2015).
Im Jahr 1997 – das Jahr, in dem auch das Kyoto-Protokoll6 beschlossen wird –
legt die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel den 600 Seiten starken
Leitfaden „Klimaschutz in Kommunen“ (Fischer und Kallen 1997) vor7. Unter „kom-
munalem Klimaschutz“ werden dabei alle Maßnahmen und Strategien verstanden,
die von kommunalen Akteuren ergriffen werden, um anthropogene Treibhaus-
gasemissionen zu minimieren und/oder die zu einer verbesserten Anpassung an die
negativen Folgen des Klimawandels führen. „‚Kommunal‘ meint hier die unterste
politische Ebene, die von der subnationalen, nationalen und internationalen Ebene
abgegrenzt werden kann: also Landkreise, Städte und Gemeinden (Sennekamp
2013). Schon hierbei identifiziert die Bundesregierung Kommunen als zentrale Ak-
teure für die Erreichung des damaligen nationalen CO2-Minderungsziels von 25 Pro-
zent bis 2005, was allerdings verfehlt wurde. Der von Frau Merkel geplante neue
Förderschwerpunkt „Kommunaler Klimaschutz“ tritt erst 10 Jahre später in Kraft –
doch schon damals zielte die angestrebte Förderung schon darauf ab, „Projekte zur
Minderung klimaschädlicher Emissionen aus der Energienutzung, insbesondere im
Strom- und Wärmebereich mit Mustercharakter für Städte, Kreise und Gemeinden zu
unterstützen“ (BMU 1997). Dabei ist hervorzuheben, dass gute Praxisbeispiele von
Beginn an eine zentrale Bedeutung als Regierungstechnologie im kommunalen Kli-
maschutz einnehmen, wie schon diese erste Publikation verdeutlicht.
Lokale Regierungen engagieren sich also bereits seit den 1990er Jahren im Kli-
mathema, eine Dynamisierung dieses Prozesses ist aber erst seit Mitte der 2000er
erkennbar (Bulkeley 2013). Durch die lange Zeit stockende internationale Klimadip-
lomatie und den nachlassenden Ehrgeiz der Nationalstaaten in Sachen Klimazielen
6 Das Kyoto-Protokoll trat jedoch erst am 16. Februar 2005 in Kraft und legte erstmals völ-
kerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrie-
ländern fest. Es lief 2012 aus.
7 Eine Neuauflage erschien 2011.
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315