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74 | Kommunen im Klimawandel
Begriff des betrieblichen Managements formulierte Taylor bereits die These, dass zur
Steigerung der industriellen Effektivität die jeweils optimale Lösung für ein beste-
hendes Problem identifiziert und übernommen werden müsse – wie das folgende Zi-
tat verdeutlicht:
„Unter diesen verschiedenen Methoden und Werkzeugen , die für eine einzelne, elementare
Operation in irgendeinem Gewerbe im Gebrauch sind, gibt es immer nur eine Methode und ein
Werkzeug, schneller und besser als die übrigen, und diese eine beste Methode und das beste
Werkzeug kann nur durch systematisches Studium und durch Prüfung aller Methoden und
Werkzeuge, die im Gebrauch sind, gefunden werden […].“ (Taylor [1913] 1995: 25)
Damit etablierte sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die Annahme, dass es (1)
einen besten Weg gibt, etwas zu tun; (2) es möglich ist, diesen Weg zu identifizieren
und zu kodifizieren, wie dieser Weg aussieht; (3) es möglich ist, relevante Akteure
von diesem besten Weg zu überzeugen und diesen umzusetzen und (4), dass es auch
wünschenswert ist, dass dies getan wird (Snowden 2003). Der Best Practice-Begriff
selbst setzte sich jedoch erst in den 1980er Jahren im Zuge einer vermehrten Anwen-
dung von Benchmarking als populäre Managementpraktik zur Verbesserung von
Produktionsprozessen durch (Montero 2017). Benchmarking gilt daher auch als
Schwesterbegriff von Best Practice und bezeichnet den kontinuierlichen Vergleich
von Produkten, Dienstleistungen sowie betrieblichen Prozessen und Methoden mit
dem Ziel, die Leistungslücke zum besten Unternehmen systematisch zu schließen
(Brannan et al. 2008; Bruno 2009; Ammons und Roenigk 2014).2 Damit setzte sich
ausgehend von der angloamerikanischen Betriebswirtschaftslehre die Management-
methode „Best Practice“ weltweit durch und kommt heute sowohl in der Wirtschaft
als auch zunehmend in der politischen Administration zur Anwendung, um Verwal-
tungs- oder Produktionsprozesse zu verbessern (Veselý 2011).
Im städtischen Kontext gewannen Best Practices seit Mitte der 1990er Jahre ins-
besondere durch Aktivitäten und Publikationen von UN-Habitat im Rahmen des
„Best Practices and Local Leadership Programme“3 an Bedeutung (Bulkeley 2006;
2 Zur Geschichte der Managementmethode „Benchmarking“ empfiehlt sich die Studie von
Bruno (2009), die Benchmarking als neoliberale Regierungstechnik analysiert.
3 Ziel des Programms ist es, politische Entscheidungsträger für kritische soziale, ökonomi-
sche und ökologische Fragen zu sensibilisieren und sie besser über die praktischen Mittel
und politischen Optionen zur Verbesserung des Lebensraums zu informieren. Dies sollte
hauptsächlich durch die Identifizierung, Verbreitung und Anwendung von Best Practices
geschehen. Zu den wichtigsten Ergebnissen des Programms zählen dokumentierte und
peer-reviewed Best Practices, Good Policy-Beispiele, Fallstudien und Transfer-Methoden.
Diese Produkte stehen weltweit online über eine Best Practices-Datenbank zur Verfügung,
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315