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Den guten Praktiken auf der Spur | 91
überhaupt untersucht werden soll. Zudem bedarf es einer wissenschaftstheoretischen
Reflexion, die es ermöglicht, die eigene Forschungspraxis kritisch zu beleuchten und
zu hinterfragen, um die Erfahrungswirklichkeit sozialer Akteure adäquat einfangen
und interpretieren zu können (Hillebrandt 2014). Das Projektdesign zeichnet sich da-
her durch eine umfassende Triangulation verschiedener Methoden der qualitativen
Sozialforschung aus; nämlich teilnehmende Beobachtungen, Experteninterviews und
Dokumentenanalysen, die durch eine quantitative Inhaltsanalyse von Best Practice-
Beschreibungen ergänzt werden. Mein Vorgehen ist dabei inspiriert von Verfahren
der Grounded Theory, die als gegenstandsnahe, datenbasierte und methodisch offene
Forschungsstrategie mit ihrer Prozessorientierung, dem Kodieren und den stetigen
Vergleichen ein geeignetes Ensemble von Methodenelementen anbietet, um die Rolle
von Best Practices praxisnah zu untersuchen und Erklärungsmuster aufzudecken.
Methodischer Zugang
Die Grounded Theory-Methodik (GTM) ist ein Verfahren sozialwissenschaftlicher
Hermeneutik, welches in Zusammenarbeit der Soziologen Barney Glaser und An-
selm Strauss in den 1960er Jahren (Glaser und Strauss 1967) entwickelt wurde. Die
GTM ist eine Forschungslogik, die theoretische Konzepte und Modellierungen auf
Basis empirischer Erfahrung entwickelt. Das Forschen mit der GTM zeichnet sich
durch Prozessorientierung aus: Dies bedeutet, dass eine Verwebung von Datenerhe-
bung und -analyse angestrebt wird. Gesammelte Daten sollten kontinuierlich durch
eigene Reflexion und Rückkopplung an bereits existierende Literatur verglichen wer-
den (Breuer 2010). Analyse und Theoriebildung beginnen bereits mit dem ersten er-
hobenen Datenmaterial und dienen als Startpunkt für eine fortlaufende Präzisierung
der Forschungsfrage sowie der kontinuierlichen Theoriegenerierung (Mey und
Mruck 2011: 23). Ziel ist die Aufdeckung und Genese spezifischer Erklärungsmuster
für bestimmte soziale Erscheinungen oder Problemfelder, die aus den erhobenen em-
pirischen Daten erarbeitet werden sollen.
Ich nehme der GTM gegenüber eine methodologisch flexible Haltung ein und
sehe mich damit in der Nähe der pragmatisch inspirierten Variante der GTM von
Strauss, der selbst postulierte, dass „Grounded Theory […] weniger eine Methode
oder ein Set von Methoden, sondern eine Methodologie und ein Stil [ist], analytisch
über soziale Phänomene nachzudenken“ (Strauss 2011: 74). Dabei orientiere ich
mich an den drei Kernelementen der GTM – dem Kodieren, dem theoretischen Samp-
ling und den konstanten Vergleichen –, die Strauss (2011: 74f.) wie folgt beschreibt:
„Erstens die Art des Kodierens. Das Kodieren ist theoretisch, es dient also nicht bloß der Klas-
sifikation oder Beschreibung der Phänomene. Es werden theoretische Konzepte gebildet, die
einen Erklärungswert für die untersuchten Phänomene besitzen. Das Zweite ist das theoretische
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315