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Die Kunst, den Klimawandel zu regieren | 133
Der Gouvernementalitätsansatz bietet dabei mit den Analysekategorien der Prob-
lematisierung (Kapitel #Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem), der Re-
gierungsrationalitäten (Kapitel #Politische Rationalitäten) und Programme (Kapitel
#Politische Programme) sowie der Regierungstechniken (Kapitel #Rationalitäten und
Technologien) ein geeignetes Rahmenwerk, um die Versuche von Kommunen, ihre
Klimaziele zu erreichen, indem sie Wissen in Form von Best Practices herstellen,
verbreiten und nutzen, zu untersuchen. Dabei orientiere ich mich an einer „govern-
mentality in action“ (Murdoch 2004), wobei mir der Begriff des Praxisregimes als
übergeordnetes Konzept dient, der laut Dean (1999) ein relativ kohärentes Set von
Aktivitäten und Techniken bezeichnet, die sich stets auf ein bestimmtes (Politik-)Pro-
blem bzw. eine bestimmte Problematisierung beziehen.
„The term ‚regime of practice‘ refers to […] historically constituted assemblages through which
we do such things as cure, care, relieve, punish, educate, train and counsel.“ (Dean 1999: 30)
“Regimes of practices can be identified whenever there exists a relatively stable field of corre-
lation of visibilities, mentalities, technologies and agencies, such that they constitute a kind of
taken-for-granted point of reference for any form of problematization. In so far as these regimes
concern the direction of conduct, they form the object of an analytics of government.“ (Dean
1999: 27)
Mit der Fokussierung auf eine „governmentality in action“ (Murdoch 2004) und der
Konzeptualisierung von kommunalem Klimaschutz als Praxisregime möchte ich
mich mit meiner Arbeit von gouvernementalen Studien abgrenzen, die vornehmlich
auf der Ebene der Rationalitäten und Programme operieren (z.B. Bröckling 2007;
Mattissek 2008; Wolf 2013; Schipper 2013). Besonders umfassende Forschung zum
kommunalen Klimaschutz in Deutschland wurde im DFG-Projekt „Lokale Generie-
rung handlungsrelevanten Wissens – am Beispiel lokaler Strategien und Maßnahmen
gegen den Klimawandel“ der TU Darmstadt geleistet (u.a. Heinelt und Lamping
2015; Zimmermann et al. 2015). Doch auch hier hat man sich am Beispiel von Frank-
furt am Main, München und Stuttgart an „Wissensordnungen“ und Epistemologien
abgearbeitet, um unterschiedliche kommunale Klimaschutzstrategien und -maßnah-
men zu erklären und damit zu einem verbesserten Verständnis der Bedeutung von
Wissen, Ideenaustausch und Lernen in der Stadtpolitik zu kommen. Solche empiri-
schen Fallstudien privilegieren in ihrer Analyse die Kategorie der politischen Ratio-
nalitäten und Programme gegenüber den Regierungstechnologien und -praktiken, ob-
wohl diese beiden Kategorien untrennbar miteinander verbunden sind (Miller und
Rose 1990). Diese Überbetonung der Rationalitäten gegenüber den Technologien
führt häufig zu einer Überabstraktion und Überintellektualisierung, der ich gezielt
entgegenwirken möchte, indem ich mich mit meiner Arbeit in einen Korpus von Stu-
dien einreihe (z.B. Füller und Marquardt 2010; Methmann 2014; Dzudzek 2016), die
neben Rationalitäten und Programmen eben auch Regierungspraktiken explizit in den
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315