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174 | Kommunen im Klimawandel
Dies wird auch von der Bundesregierung als problematisch angesehen, da in einer
relativ kurzen Zeitspanne ehrgeizige, durch die EU bzw. den Bund festgelegte THG-
Minderungsziele erreicht werden sollen. Denn „[o]hne die Unterstützung der Kom-
munen sind die von der Bundesregierung gesetzten Ziele zur Reduktion der Treib-
hausgas-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent
im Vergleich zu 1990 sowie die Erhöhung des Energieanteils für Strom aus erneuer-
baren Energiequellen von heute 20 Prozent bis 2020 auf mindestens 35 Prozent […]
kaum erreichbar“ (Servicestelle: Kommunaler Klimaschutz 2012a: 5).
Dies bedeutet im Umkehrschluss, „dass die Prozesse zum Erreichen der Klimaschutz-
ziele qualitativ verbessert und effizienter gestaltet werden müssen“ (Sinning et al.
2011: 9). Bisher fehlt es in den unterschiedlichen kommunalen Verwaltungseinheiten
bspw. oft an Bewusstsein über die Klimarelevanz der einzelnen Tätigkeiten. Auf-
grund der Freiwilligkeit, Klimaschutz zu betreiben, und der daraus resultierenden
niedrigen politischen Priorität mangelt es in vielen Kommunen zudem häufig an Fi-
nanzierung, Personal und Kompetenzen, politischer Unterstützung sowie an privat-
wirtschaftlichem und zivilgesellschaftlichem Engagement für den Klimaschutz vor
Ort.
„[…] [M]omentan ist es [Klimaschutz] noch eine freiwillige Aufgabe. Und so lange das nicht
zur Pflichtaufgabe wird, können sich das die Kommunen nicht erlauben. Wir haben ein Beispiel
aus der Nachbarkommune. Die würden sich super gerne im Klimaschutz engagieren […]. Ich
glaube, die hätten 95 Prozent Förderung bekommen und die Kosten – das wären vielleicht noch
2000 Euro gewesen. Dann wurde im Rat diskutiert: Wenn die 2000 Euro dafür ausgegeben
werden, dann kann die Dorfbibliothek nicht neu ausgestattet oder gehalten werden. Dann ist
keine Frage, was gemacht wird. Dann ist es nicht Klimaschutz, sondern es ist etwas, was wirk-
lich eine Pflichtaufgabe ist. Man kann nicht sagen: Keine Bücher mehr, aber dafür machen wir
jetzt mal Klimaschutz. Da sieht man halt ganz krass, wie schwierig das für Kommunen mit
wenig Geld ist. Die würden gerne, haben aber einfach keine finanziellen und zeitlichen Kapa-
zitäten.“ (IK-5, 2015: 34)
Es stellt sich also die Frage, wie solche Probleme überwunden werden können und
wie man die Qualität und Effizienz des kommunalen Klimaschutzes allgemein ver-
bessern kann. Durchgesetzt hat sich die Idee, einzelne Steuerungsmodule aus der
klassischen Betriebswirtschaft– wie z.B. Verwaltungshandeln an konkreten Zielen
auszurichten, klare Produkte und Arbeitsabläufe zu definieren oder Qualitätsmanage-
ment und Evaluierung zu betreiben – im kommunalen Klimaschutz einzuführen. Ein
umfassendes Klimaschutzmanagement gilt daher als geeignete Lösungsstrategie, um
von unsystematischen Aktionen und Einzelprojekten hin zu einem ganzheitlichen
Prozess zu kommen, in dem bestehende Personal- und Finanzressourcen effizient
eingesetzt werden und die Akteursmobilisierung und -vernetzung verbessert werden
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315