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196 | Kommunen im Klimawandel
sodass andere Akteure daraus lernen können, wie bspw. die Leiterin der Kli-
maschutzleitstelle in Hannover betont: „[Best Practice heißt] voneinander ler-
nen. Ganz praktisch am konkreten Projekt. Vieles kann ich auch im Internet
nachlesen aber die viel wichtigere Information dazu erhalte ich häufig durch
das persönliche Gespräch: Was ist schief gegangen? Denk daran, mach das
auf gar keinen Fall! Oder bei uns sind die Bedingungen ein bisschen anders,
das muss angepasst werden. Ganz praktisch: Wie hast du das gemacht? Wie
hast du das ausgerechnet?“ (IK-8, 2015: 23) Exemplarisch für eine Best Prac-
tice als gutes Praxisbeispiel kann in diesem Zusammenhang der Hessentag
2013 gelten, der von der Stadt Kassel klimafreundlich organsiert wurde, wofür
die Stadt 2014 im Rahmen des Wettbewerbs „Kommunaler Klimaschutz“ aus-
gezeichnet wurde (SK: KK 2015b: 100ff.)
2. Best Practices als Blaupause: Die Erwartungen, die an Best Practices gestellt
werden und die sich stark in der Rationalität des Prinzips der Nachahmung
widerspiegeln, entsprechen hingegen häufig einem anderen Bild von Best
Practices: dem als Blaupause. Werden Best Practices nicht als Beispiele, son-
dern als Blaupausen verstanden, dann steht ihre Kopierbarkeit im Fokus.
Blaupausen sind simple Maßnahmen oder einfache Projekte, die leicht zu
übertragen und zu skalieren sind. Blaupausen sind im Gegensatz zu Beispielen
hochmobil und lassen sind anhand eines Skripts vermeintlich schnell „abar-
beiten“. Blaupausen sind standardisiert und konfektioniert. Es geht also we-
niger darum, aus ihnen zu lernen, sondern eher mittels Anleitung eine bereits
existierende Vorgehensweise möglichst eins zu eins anzuwenden. Best Prac-
tice heißt dann: „mit einfachen Mitteln viel erreichen“ (IK-9, 2015: 59). Es
„[…] ist eine einfache Maßnahme, die ist kosteneffizient, die ist einfach über-
tragbar und die ist überall anwendbar“ (IK-4, 2015: 32), wie z.B. ein Thermo-
graphie-Spaziergang, der Hauseigentümern mithilfe einer Wärmebildkamera
energetische Schwachstellen in ihrer Gebäudehülle aufzeigen soll (Universität
Kassel 2017: 18f.).
3. Best Practices als Leuchttürme: Der Begriff „Best Practice“ suggeriert durch
das vorangestellte Adjektiv „best“ aber auch, dass es sich dabei um besonders
innovative, herausragende oder gar visionäre Maßnahmen handelt. Nicht sel-
ten werden Best Practices daher von einigen Akteuren mit Modell-, Pilot- oder
Demonstrationsprojekten gleichgesetzt, wobei Best Practices ein experimen-
teller und eher risikobehafteter Charakter zugeschrieben wird. In diesem Ver-
ständnis handelt es sich bei Best Practices meist um Prestigeprojekte, die oft
nur unter speziellen Sonderbedingungen (Fördermittel, Sponsoring, For-
schungsprojekt, Wahlkampf etc.) entstehen konnten. „Sie ist zumindest in ers-
ter Phase, sag ich mal, innovativ […] und einzigartig, weil sie ein Alleinstel-
lungsmerkmal hat. Das heißt […] es ist nicht gleich unter Gleichen, sondern
besser als andere.“ (IB-4, 2015: 7) Als Beispiel für eine Best Practice als
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315