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198 | Kommunen im Klimawandel
972) betont, muss das Entwickeln, Fördern, Verbreiten und Implementieren von Best
Practices als ein Prozess verstanden werden, in dem politische Macht gewonnen wird,
um zu entscheiden, auszuschließen und Hegemonien zu konstruieren. Es geht mir
daher im Folgenden darum zu zeigen, wie aus einem alltäglichen Regierungshandeln
eine Best Practice des kommunalen Klimaschutzes gemacht wird und welche Ak-
teure maßgeblich an diesem Herstellungsprozess beteiligt sind.
Wie ich bereits im Kapitel #Den guten Praktiken auf der Spur beschrieben habe,
sollten laut Theorie mithilfe von Beobachtungen und Untersuchungen diverser er-
folgreicher Einzelpraktiken induktiv verallgemeinerbare Prinzipien identifiziert wer-
den – die Best Practices (hier im Sinne einer Blaupause) – durch die Verwaltungs-
prozesse verbessert und effizienter gestaltet werden können. Diese Abstraktion der
vielen Erfahrungen aus unterschiedlichen Projekten in eine Handlungsanleitung, die
Best Practice-Blaupause, soll durch systematischen Vergleich erzielt werden – ent-
weder mithilfe des quantitativ-mikro-ökonomischen Ansatzes oder des qualitativen
Case Study-Ansatzes5 (vgl. Kapitel #Begriffsgeschichte und Definition). In jedem
Fall geht es darum, eine Reihe an komplexen Beziehungen zwischen unterschiedli-
chen Akteuren, Interessen und Materialien zu entflechten, das heißt zu bestimmen,
was im Rahmen der jeweiligen Best Practice zu inkludieren und was zu exkludieren
ist. Die Stabilisierung von alltäglichen Regierungspraktiken in einer Best Climate
Practice erfordert eine spezifische Rahmung, die zwangsläufig zu Ausschlüssen be-
stimmter Aspekte führt (Blok 2011). Diese Rahmung wird hauptsächlich durch
Think-Tanks, Berater, NGOs, Forschungsinstitute und vergleichbare epistemische
Communities, die sich mit der Übertragung, Übersetzung und Promotion politischer
Skripte befassen – die sogenannte Consultocracy – vorgenommen. Aber auch Lokal-
politiker, Verwaltungsangestellte, Planer und andere Praktiker können zu wichtigen
Akteuren der Identifizierung, Hervorbringung und Mobilisierung von Best Practices
werden. Auf Kongressen, Tagungen und Konferenzen sowie in Büchern, Broschüren
und Fachzeitschriften – den Microspaces of Globalization – werden die einfluss-
reichsten Politikideen in angewandten Praxisbeschreibungen mobilisiert und veröf-
fentlicht, um bestimmte Maßnahmen und Modelle als Best Practices zu verbreiten
und die Vernetzung zwischen den Akteuren zu stärken (MacLeod 2013). Daher ist
5 Ein gutes Beispiel für diesen Case Study-Ansatz ist die Broschüre „Klimaschutz leicht ge-
macht – von Erfolgsbeispielen lernen: Leitfaden zur Umsetzung kommunaler Klimaschutz-
projekte“. Hier versucht die Universität Kassel, aus den vielen Praxisbeispielen der Kom-
munen, die am Projekt „RegioTwin“ teilgenommen haben, verallgemeinerbare und kopier-
bare Maßnahmen-Leitfäden zu entwickeln. Die Maßnahmen werden vom zeitlichen Vor-
lauf über Personal- und Finanzaufwand bis hin zur Umsetzung Schritt für Schritt erklärt,
damit sie als Blaupause genutzt werden können (Universität Kassel 2017).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315