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216 | Kommunen im Klimawandel
Best Practices als „Möglich-Macher“
Als wichtigste Funktion stellte sich die Nutzung von Best Practices zur Inspiration,
Motivation und Mobilisierung verschiedener Akteure innerhalb und außerhalb der
kommunalen Verwaltung heraus. Klimaschutzmanager verwenden Best Practices in
diesem Sinne als „Möglich-Macher“, insbesondere zur Überwindung mentaler Bar-
rieren, also um Zweifel, Bedenken oder Vorbehalte gegen bestimmte Maßnahmen
anhand gelungener Praxisbeispiele zu entkräften, aber ohne diese Beispiele unbe-
dingt direkt zu übertragen, anzupassen oder nachzuahmen. Damit schließt sich diese
Funktion an das Verständnis von Best Practices als „gutes Praxisbeispiel“ an (vgl.
Abschnitt #„Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“?!): „[Best practices are] for any-
one who still doubt: Prove that you can do something at the local level and that it can
change the global situation. That’s the main function of best practices.“ (IN-3, 2016:
56)
Illustrative Beispiele erfolgreicher Praxis zeigen, wie kommunaler Klimaschutz
vor Ort funktioniert. Eine ihrer Hauptfunktionen ist daher, die Vielfalt existierender
und funktionierender Lösungen sichtbar zu machen und weniger die Abarbeitung
einzelner Modellprojekte oder -prozesse (sogenannter Blaupausen). Damit überneh-
men Best Practices eine wichtige Funktion innerhalb des Praxisregimes „kommuna-
ler Klimaschutz“, denn sie machen Klimawandel als Regierungsobjekt für die invol-
vierten Akteure sichtbar und verstehbar; sie legen fest, welche Klimaprobleme zu
lösen sind und geben Methoden der Problemlösung vor. Dieser Aspekt der Sichtbar-
keit ist zentral, nicht nur, weil er den Möglichkeitshorizont der Akteure erweitert,
sondern weil er gleichzeitig ermöglichend wirkt. Das ist von großer Bedeutung, weil
– wie ein junger Klimaschutzmanager zu Bedenken gibt – „vieles […] auch als Spin-
nerei abgetan wird, und wenn ich dann aber argumentieren kann, in einer anderen
Stadt funktioniert so etwas ähnliches schon konkret, dann habe ich natürlich eine viel
bessere Argumentationsgrundlage [gegenüber meinem Dezernenten].“ (IK-1, 2015:
90)
Auch Cidell (2015) identifiziert in ihrer Forschung zur Kommunalpolitik im Be-
reich grüner Gebäude die Bedeutung dieses „everyone else is doing it“-Arguments
(ebd.: 572), um Aktivitäten in der eigenen Kommune zu stimulieren. Abgesehen da-
von, dass Best Practices den Klimaschutzmanagern den Rücken stärken und ihnen
eine Übersicht über die vielfältigen Lösungsansätze verschaffen, sind gute Praxisbei-
spiele auch für die politische Führungsebene elementar. Für diese Akteursgruppe die-
nen sie vor allem als Entscheidungshilfe. Die Themenbereiche und Herausforderun-
gen, denen sich Kommunen widmen müssen, wachsen stetig und sind außerdem zu-
nehmend komplexer. Input und Anleitung seitens Länder- oder Bundesebene ist oft
minimal, sodass gute Praxisbeispiele von und Erfahrungsaustausch mit anderen
Kommunen an Bedeutung gewinnen; sie bieten Orientierung und begrenzen den
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315