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Best Climate Practices | 219
Kommunen dürfen also kein Geld damit verdienen, indem sie innovative oder effek-
tive „Produkte“ entwickeln, was durchaus als problematisch wahrgenommen wird:
„Es wird vorausgesetzt, dass wir bereitwillig alles, was wir erarbeitet haben, einfach so allen
geben, die mal eben anrufen. […] Also ich will dann gerne auch Sachen rausgeben, aber ich
würde dann eigentlich gerne auch mal etwas zurück haben dafür. Vielleicht sogar auch mal
eine Rechnung schreiben und nicht nur: ‚Wir erwähnen euch in der Pressemitteilung‘.“ (IK-3,
2015: 24)
Wenn sie aber für einige ihrer Lösungsansätze das Label „Best Practice“ erhalten –
falls sie bspw. einen Preis für eine Maßnahme gewinnen, zu einer Konferenz einge-
laden werden, wo sie dann eine Lösung präsentieren sollen oder wenn eine ihrer Ini-
tiativen in einer Broschüre als gutes Praxisbeispiel publiziert wird – verdienen sie
Ansehen und Sichtbarkeit. Das kann wiederum dazu führen, dass sie leichter neue
Fördermittel einwerben können und so schließlich doch finanziellen Gewinn daraus
schlagen oder ihre politische Einflussnahme steigern können. Ein Mitarbeiter eines
Forschungsinstitutes bringt es wie folgt auf den Punkt: „Ein Unternehmen verkauft
sein Produkt und Masterplan-Kommunen veräußern ihr Projekt durch Anerkennung.
Die Währung ist also eine andere.“ (IB-4, 2015: 26)
Best Practices dienen Kommunen in diesem Kontext als Kommunikationsmittel,
um ihre erfolgreichen Klimaschutzmaßnahmen einem größeren Publikum zu vermit-
teln. Stadtmarketing und Öffentlichkeitsarbeit sind – kaum überraschend – ein we-
sentlicher Aspekt von Best Practices; ganz nach dem alten PR-Motto: „Tue Gutes
und spreche darüber.“
„Nach eigenen Angaben wird Hannover öffentlich als ‚Klimaschutzkommune‘ wahrgenom-
men. Dies gründet auf diversen Anfragen für Vorträge und Teilnahmen an Exkursionen zu
ausgewählten Klimaschutzprojekten der Stadt Hannover. Darüber hinaus wird die Stadt konti-
nuierlich in Klimaschutz-Veröffentlichungen mit Projekten erwähnt. Die Klimaallianz Hanno-
ver 2020 hat im Jahr 2010 einen Preis für herausragende Klimaschutzkonzepte erhalten.“ (Rie-
del und Lund 2013: 4)
Wie auch Cidell (2015) anhand ihrer empirischen Daten verdeutlicht, sehen sich Lo-
kalpolitiker gerne an der Spitze einer Bewegung und mögen es daher, wenn ihre
Kommunen Best Practices – am besten im Sinne von „Leuchttürmen“ – entwickeln
und verbreiten. Doch Best Practices bieten nicht nur für Kommunen einen Mehrwert.
Auch TMNs nutzen Best Practices als eine Art Währung: Zum einen dienen sie eben-
falls der Selbstdarstellung und Profilierung des eigenen Netzwerkes: „[…] profiling
[our organisation] as a network that […] really does have these pioneers in sustaina-
bility [by showing our members’ best practices].“ (IN-5, 2016: 27)
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315