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Best Climate Practices | 225
Zu guter Letzt sollte aber nicht ausgeblendet werden, dass Best Practices auch
eine sehr pragmatische, weniger strategische Seite aufweisen. Ich habe bereits er-
wähnt, dass Klimaschutz als freiwillige kommunale Aufgabe stark auf Förderpro-
gramme angewiesen ist. In ihrer Währungs-Funktion werden Best Practices z.B. in
der Antragstellung oft strategisch eingesetzt und kommuniziert, um neue Fördermit-
tel einzuwerben, wie mir von Klimaschutzmanagern berichtet wurde und wie es auch
die Förderkriterien des BMUB einfordern.
„Aber ich merke, wie […] stark dieses Argument ist. Also wenn man jetzt wirklich‚ einen
Projektantrag schreibt, und da ist immer auch dieses Kapitel, ist einfach gewollt – egal [ob] auf
nationaler oder internationaler Ebene: Replikation und Skalierbarkeit. Und da führen wir na-
türlich immer dieses Beispiel ‚Energiesparservice‘ an, weil das halt so ein Leuchtturm ist, wo
man zeigen kann, hier, das ist [bei uns vor Ort] entstanden und wir sind fähig zu replizieren.“
(IK-15, 2016: 9)
„Als besonders förderwürdig werden Projekte eingeschätzt, die den Wissens- und Kapazitäts-
transfer zwischen einzelnen Kommunen sowie deren Entscheidungsträgern fördern, so dass
erfolgreiche Modelle und Lösungen des kommunalen Klimaschutzes verstärkt in die Breite
getragen werden können.“ (BMUB 2017a: 3)
Best Practices werden jedoch nicht nur in der Fördermittelakquise eingesetzt. Auf-
grund der Abhängigkeit von Förderprojekten wird kommunaler Klimaschutz häufig
zu einem „Kurzzeitprojekt“, das am Förderende zu nachweisbaren Ergebnissen ge-
führt haben sollte. Und hier kommen wieder Best Practices als Praxisbeispiele ins
Spiel: Viele Fördermittelgeber fordern Beschreibungen von Best Practices oder auch
ausführlichere Fallstudien zur Darstellung der Projektergebnisse am Ende des För-
derzeitraums. Damit werden sie zu einem Werkzeug der Ergebnisdokumentation so-
wie des Controllings, das insbesondere von Städtenetzwerken zur Legitimation der
Fördermittelvergabe und -verwendung genutzt wird.
„For most of the projects you have to have a production of case studies; it’s often asked as a
deliverable of your projects.“ (IN-3, 2016: 68)
„It’s one of the project deliverables to write case studies. So that’s why we then have, we might
have several series that might just focus on renewable energies and then we identify cases
around. […] Case studies often capture the actual activity of the project that has been funded,
and then it’s also helping them actually to report and document what the actual outcomes were.“
(IN-5, 2016: 27)
Das heißt, am Ende fast jeden Förderprojektes steht eine Broschüre mit guten Praxis-
beispielen, Fallstudien, Handbüchern oder Praxisleitfäden oder auch Onlinedaten-
banken, weil der Fördermittelgeber konkrete Ergebnisse erwartet, die kommunizier-
bar und potenziell übertragbar sind. Denn gemäß dem Prinzip der Nachahmung lohnt
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315