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242 | Kommunen im Klimawandel
„Performativity must be understood not as a singular or deliberate ‚act‘, but, rather, as the reit-
erative and citational practice by which discourse produces the effects that it names.“ (Butler
1993: 2)
Austin ([1950] 2010) unterscheidet zudem zwei Formen von Performativität, die sich
in illokutionären und perlokutionären Sprechakten äußern (siehe dazu auch Butler
2010). Der Unterschied liegt darin, dass illokutionäre Sprechakte direkt Realitäten
schaffen, perlokutionäre Sprechakte hingegen ihre Wirkung erst unter bestimmten
Bedingungen und Voraussetzungen entfalten. Eine Entschuldigung ist ein passendes
Beispiel für einen illokutionären Sprechakt: Entschuldige ich mich mündlich oder
schriftlich nach einem Streit bei der betroffenen Person (vielleicht noch verbunden
mit einer Umarmung oder einem Geschenk), dann schaffe ich dadurch sofort soziale
Realität – an sich braucht es keine weiteren Bedingungen oder Voraussetzungen für
den Akt der Entschuldigung. Best Practices hingegen sind ein Beispiel für einen per-
lokutionären Akt. Um einen performativen Effekt durch ein Best Practice-Beispiel
zu erzielen – das heißt, dass die beschriebene Praktik als die aktuell beste, effektivste
oder innovativste Praktik zur Lösung eines spezifischen Problems angesehen und ak-
zeptiert wird –, reicht es nicht, dass ein Klimaschutzmanager einmal während einer
Konferenz sein Praxisbeispiel präsentiert. Damit dieses Beispiel politisch wirkmäch-
tig werden kann, muss es von weiteren Akteuren, wie Forschungsinstituten, Städte-
netzwerken, Beratungsunternehmen oder Ministerien durch weitere Publikationen
aufgegriffen und verbreitet werden oder am besten noch nachweislich von anderen
Kommunen kopiert werden. Das heißt, eine Best Practice muss immer wieder in per-
formativen Akten wiederholt werden, um aufrechterhalten werden zu können. Eine
politische Maßnahme oder Intervention wird also nicht durch ein einmaliges Ereignis
zu einer Best Practice, sondern muss permanent rekommuniziert werden, um poli-
tisch wirkmächtig werden zu können.
„The point is not simply that such an ‚effect‘ is compounded through repetition, but that reiter-
ation is the means through which that effect is established anew, time and again. To understand
how this happens more specifically, one would have to, with adequate time, consider the rela-
tion between processes of reiteration, re-establishment, and sedimentation in order to sort out
the paradox of a process that achieves its effects in both regenerative and accumulative ways.“
(Butler 2010: 149)
Im Mittelpunkt einer Perspektive des Performativen steht also gemeinhin die Frage,
auf welche Weisen gesellschaftliche Phänomene hergestellt werden und wie sie sich
verändern. Performativität ist daher ein wichtiges konzeptionelles Werkzeug, um so-
ziale Praktiken, die als selbstverständlich angesehen werden, zu denaturalisieren
(Gregson und Rose 2000). Wesentliche Ziele einer Analyse des performativen Cha-
rakters bestimmter sozialer Praktiken sind laut Butler (2010) erstens, einer Art des
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Title
- Kommunen im Klimawandel
- Subtitle
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Author
- Nanja Nagorny-Koring
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Size
- 15.4 x 23.0 cm
- Pages
- 324
- Categories
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Table of contents
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315