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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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27Instrumente der Feldvermessung Die Vermessung agrargesellschaftlicher Felder entsprechend dieser mehrglied- rigen Fragestellung erfordert Quellen, in denen die Spuren der Akteure in den Kräftefeldern lesbar sind. Die Quellen eröffnen keinen unmittelbaren Blick auf den Gegenstand ; dieser ist vermittelt durch die Entstehungs-, Überlieferungs- und Raumkontexte, die den Zugang zum Gegenstand zugleich ermöglichen und be- grenzen. Den Entstehungskontext des Quellenkorpus, der dieser Studie zugrunde liegt, bildet überwiegend die Tätigkeit von Funktionsträgern in verschiedenen Organisationen des „Dritten Reiches“ : von Landes- und Kreisbauernschaften, Verwaltungsbehörden, Gerichten, Polizeidienststellen, amtlichen Presseorganen und so fort. Nur ein kleiner Teil  – Briefe, Interviews und Autobiographien  – lässt sich den Selbstzeugnissen zuordnen. Dazwischen finden sich Quellenarten, etwa Verhörprotokolle von Angeklagten, die beiden Gruppen angehören. Die amtlich erzeugten Quellen dokumentieren die Versuche des NS-Systems, ländliche All- tagswelten durch Registrierung, Vermessung, Überwachung, Förderung und Be- strafung zu kolonialisieren. Doch im amtlichen Blick zeigen sich auch Facetten ländlichen Eigensinns, die es sorgfältig zu erschließen gilt. Wie bei amtlichen Ak- tenbeständen prägt auch bei Selbstzeugnissen der Entstehungskontext, etwa die Schreib- oder Interviewsituation, den Gehalt  – und muss daher in die Interpreta- tion einbezogen werden.127 Der Überlieferungskontext ist vor allem durch das Fehlen eines geschlossenen Aktenbestandes der für diese Studie zentralen Organisation, der Landesbauern- schaft Donauland und der untergeordneten Kreis- und Ortsbauernschaften, ge- kennzeichnet. Dieses Defizit kann zu einem Gutteil durch Splitter- und Paral- lelüberlieferungen sowie Quellen anderer Herkunft ausgeglichen werden. Dazu zählen die Entschuldungsakten der Landstelle Wien sowie die Hofkarten einiger Kreisbauernschaften der Landesbauernschaft Donauland, die eine personen- und hofbezogene Datenbasis liefern. Die Entschuldungsakten bieten detaillierte In- formationen über Schuldenstand, Besitzverhältnisse, Bodennutzung, Viehstand, Maschinen- und Geräteausstattung, Gebäudezustand, Arbeitskräfte, Marktleis- tungen und finanzielle Leistungsfähigkeit des jeweiligen Betriebes zum Zeitpunkt der Durchführung des Verfahrens.128 Hofkarten umfassen betriebsbezogene Anga- ben über Bodennutzung, Viehstand, Maschinen- und Geräteausstattung, Arbeits- kräfte und Marktleistungen der Betriebe ab fünf bzw., in Weinbaugebieten, zwei Hektar Fläche, die Jahr für Jahr aktualisiert wurden. Kleinere Betriebe wurden in vereinfachter Weise in einer eigenen Liste erfasst.129 Für die gewählten Unter- suchungsregionen wurden 1.323 Entschuldungsakten, 1.023 Hofkarten und 709 Kleinbetriebslisteneinträge  – alles in allem Datensätze über 3.055 Betriebe  – in einer relationalen Datenbank erfasst (Tabelle 1.1).130
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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