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Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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126 Anatomie eines „lebenden Organismus“ schinenpark, der einem Neuwert von 88.640 Reichsmark entsprach ; die Maschi- nenintensität erreichte überdurchschnittliche 388 Reichsmark pro Hektar. Sowohl der absolute als auch der relative Maschinenneuwert des Zuckermantelhofes lagen an der Spitze aller 36 Gutsbetriebe. An Kraftmaschinen, etwa vier Fünftel des Gesamtwerts, waren sieben eisenbereifte und drei gummibereifte Schlepper sowie ein Verbrennungsmotor vorhanden. Die Arbeitsmaschinen, ein Fünftel des Werts, umfassten vier gummibereifte Ackerwägen, eine Dreschmaschine, drei Drillma- schinen, zwei Düngerstreuer, vier Hackmaschinen, zwei Grasmäher, zwei Vielfach- geräte, ein Silohäcksler, einen Pferde- und zwei zapfwellenbetriebene Bindemäher, eine Strohpresse, je ein Saatgutbereiter und -beizer, zwei Karfoffelroder, ein Fut- terdämpfer und eine Milchkühlanlage. Der Führungsstil, der auf dem Zuckerman- telhof herrschte, lief offenbar auf das Kappen der Arbeitsspitzen durch entspre- chende Maschinen  – etwa den Bindemäher, der rund die Hälfte der händischen Getreideerntearbeit einsparte, als Paradebeispiel184  – hinaus. Neben der  – nicht angegebenen  – Milch- und Fleischmenge warf der Gutsbetrieb 1.534 Doppel- zentner Getreide, großteils Roggen, der Rest Brau- und Industriegerste, und 1.170 Doppelzentner Stroh auf den Markt.185 Was die Taglöhner-Maschinengüter mit den Gesinde-Maschinengütern verband, war der überdurchschnittliche Einsatz von Maschinenkapital ; was sie unterschied, war die bevorzugte Mechanisierung täglich oder wöchentlich wiederkehrender Tätigkeiten, für die beispielhaft die Melkmaschine im Betrieb und die Waschma- schine im Haushalt standen. Während die Waschmaschine erhebliche Arbeitszei- ten, vor allem der Frauen, einsparte, minderte der beträchtliche Wartungsaufwand der Melkmaschine, etwa das Säubern von Milchresten, die Zeitersparnis  – ein Manko, das jedoch durch die Ausweitung des Personenkreises, der für die maschi- nelle Melkarbeit in Frage kam, gemildert wurde.186 Zudem zeichnete sich der Füh- rungsstil der Taglöhneranwesen durch Hackfruchtwirtschaft auf 300 bis 400 oder mehr als 500 Hektar, Arbeits- und Viehextensivität, erweiterten Zuckerrüben- und Handelsgewächsanbau sowie Ochsen- und Stiermast in größerem Umfang aus. Dafür steht etwa der Großbetrieb von Leopold Hutter in Markgrafneusiedl, eine Hackfruchtwirtschaft mit 325,5 Hektar Kulturfläche. Der Eigentümer hatte im Zuge der „Arisierung“ einer Liegenschaft tschechischer Juden seinen ursprüng- lichen Grundbesitz mehr als verdoppelt.187 Neben fünf Hektar Obst- und sons- tigen Gärten verfügte er über 320,5 Hektar Ackerland durchwegs mittlerer oder niedriger Bonität, von dem er etwa zwei Fünftel mit Getreide  – vor allem Roggen und Weizen, dann Gerste und Hafer, schließlich ein wenig Körnermais  –, rund ein Drittel mit Hackfrüchten  – vorwiegend Kartoffeln, aber auch etwas Zuckerrüben  – und den Rest mit Futterpflanzen, Handels- und Gartengewächsen bebaute ; ein kleiner Teil wurde von Arbeitskräften als Deputatland, als Teil der Entlohnung,
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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