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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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168 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe seine 1942 abgeschlossene Dissertation ausführlich den Problemen der Einfüh- rung des REG in der „Ostmark“. Demnach folgten der Reichsnährstand und die Anerbenbehörden in den österreichischen Reichsgauen der Strategie, während ei- ner mehrjährigen „Übergangszeit“ die erbhofrechtlichen Bestimmungen pragma- tisch umzusetzen, ohne aber von den Rechtsgrundsätzen abzuweichen ; dies galt unter anderem für das Anlegungsverfahren der Erbhöferolle : „Es mußte jedoch in der Ostmark in erster Linie berücksichtigt werden, daß es sich um eine Übergangszeit handelt und daß die Nachwirkungen der schlechten wirt- schaftlichen Verhältnisse in der Systemzeit in so kurzer Zeit nicht überwunden werden konnten. Es war daher unmöglich, die gleichen strengen Bedingungen wie im Altreiche schon jetzt an die Höfe der Ostmark zu stellen, da sonst zahlreiche Höfe nicht als Erbhöfe in Betracht gekommen wären, bei denen jedoch die Kreisbau- ernschaft in Übereinstimmung mit den Anerbengerichten das Vorhandensein einer Ackernahrung bejahten.“92 Trotz der großzügigen Auslegung der Maßstäbe für die Eintragung in die Erbhö- ferolle betrug in Niederdonau 1944 der Anteil der 39.626 Erbhöfe an allen Betrie- ben nicht mehr als 20 Prozent ; der Anteil der 777.087 Hektar Erbhofland an der Gesamtfläche lag bei nur 34 Prozent  – ein Zustand, der nach offizieller Meinung „zwar noch als agrarpolitisch gesund zu bezeichnen ist, der aber doch einer syste- matischen Entwicklung nach oben zum Nutzen und Frommen des ganzen Gaues bedarf“.93 Ein Vergleich nach Kreisen zeigt enge Zusammenhänge zwischen der Besitzgrößenverteilung sowie Größe und Anteil der Erbhöfe (Abbildung 3.3) : Im Pannonischen Flach- und Hügelland mit den eingestreuten Weinbaugebie- ten lagen die Durchschnittsfläche und Dichte der Erbhöfe großteils unter dem Durchschnitt ; diese an der „volkstumspolitisch“ sensiblen Reichsgrenze gelegenen Kreise galten den Machthabern als bodenpolitische Problemzone. In den Voralpen bewegten sich die durchschnittliche Hofgröße meist über dem, der Erbhofanteil an Betriebszahl und -fläche im Durchschnitt. Im Alpenvorland und im Waldvier- tel ging die mittlere Flächenausstattung vielfach mit einer überdurchschnittlichen Erbhofdichte einher ; hier lag die Realität dem bodenpolitischen Ideal der Natio- nalsozialisten am nächsten. Spatschil beließ es nicht nur bei der Bestandsaufnahme der Probleme, sondern arbeitete vor seinem Erfahrungshintergrund und Erwartungshorizont als führen- der, im „ständigen Gedankenaustausch mit den Leitern der Kreisbauernschaften sowie anderen ehrenamtlichen Bauernführern“94 stehender Mitarbeiter der Lan- desbauernschaft Donauland auch Lösungsvorschläge aus. Unverkennbar äußert sich dabei die Kluft zwischen geltendem Recht und bäuerlicher Moral :
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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